Opern-Premiere: Bänder des Maibaums werden zu Fesseln
Francois De Carpentries inszeniert Smetanas Oper „Die verkaufte Braut“ am Krefelder Stadttheater.
Krefeld. Ein Dorf irgendwo in Böhmen. Es ist Kirchweihfest und eine entsprechend ausgelassene Stimmung herrscht in dem Ort. "Warum sollten wir nicht froh sein" singt die Dorfbevölkerung, die sich zwischen Jahrmarktbuden um einen großen Maibaum versammelt haben. Ein Fotograf macht unter den kritischen Blicken der älteren Frauen von den jungen Dorfschönheiten Aufnahmen.
Mit diesen anschaulichen Details beginnt die Inszenierung von Smetanas populärer Oper "Die verkaufte Braut", die im Krefelder Theater eine umjubelte Premiere erlebte. Der Begriff "tschechische Nationaloper" haftet dem 1866 uraufgeführten Werk bis heute an. Das unter der volkstümlichen Oberfläche noch ganz andere Aspekte verborgen sind, hat jetzt Regisseur Francois De Carpentries in einer zwischen Tragik und Heiterkeit fein austarierten Inszenierung wunderbar unter Beweis gestellt.
Die in sich geschlossene Dorfwelt lässt hinter der Idylle auch Zwang erkennen. Außenseiter haben hier keine Chance, es sei denn sie sind so gewitzt wie Hans, der zunächst unerkannt als verlorener Sohn in seine Heimat zurückkehrt. Sein Halbbruder Wenzel ist als stotternder Sonderling dem allgemeinen Gespött ausgesetzt, der schmierige Heiratsvermittler Kezal wird nur solange akzeptiert, wie er erfolgreich ist.
Zwischen diesen Männer steht die schöne Marie, die zum Spielball verschiedener Interessen wird. Sie liebt Hans, obwohl sie kaum etwas von ihm weiß. Erst am Schluss erfährt sie, dass Hans der verschollen geglaubte Sohn des reichen Micha ist. Hans’ listiger Plan, das Marie nur den Sohn des Micha und damit ihn selbst heiraten darf, geht auf. Bis zu dieser Erkenntnis muss Marie seelische Qualen durchstehen und so hat das Schlussbild, als Marie ihren Hans endlich in die Arme schließen kann, einen leicht bitteren Beigeschmack.
Carpentries lässt mit seiner sensiblen Personenführung die Sänger alle Höhen und Tiefen intensiv durchleben, schafft immer wieder, von Bühnenbildner Siegfried E. Mayer kongenial unterstützt, starke Bilder. So werden die Bänder des Maibaums zu Fesseln für die verzweifelte Marie. Eine leichte Melancholie schwebt über dem Ganzen, die im dritten Akt mit der launigen Zirkusszene sehr charmant durchbrochen wird.
Musikalisch setzt diese Aufführung wunderbare Glanzlichter. Die Niederrheinischen Sinfoniker unter der hervorragenden Leitung von Kenneth Duryea bringen temporeich aber auch mit viel Innigkeit die Facetten von Smetanas Musik zum Ausdruck. Janet Bartolova (Marie) und Hans-Jürgen Schöpflin (Hans) sind ein gesanglich und darstellerisch glänzendes Paar.
Hayk Dèinyan ist ein stimmgewaltiger Kezal mit herrlicher Schwärze in der Stimme und viel Humor im Spiel, Markus Heinrich ein anrührend-verschreckter Wenzel, der erst durch die Zirkuswelt lernt, gegen seine Umwelt aufzubegehren. Christoph Erpenbeck und Uta Christina Georg liefern als Maries Eltern eine hinreißende Charakterstudie eines einfachen, aber nicht dummen Bauernpaares.
Darstellerisch und gesanglich überaus präsent ist der Chor, der aus der Polka im ersten Akt einen beängstigenden Mummenschanz macht. Viel Applaus für einen herausragenden Opernabend.
Dauer: 2 Std. 40 Min., weitere Aufführungen am 19. März, 11., 20. und 23. April-