Premiere „Pension Schöller“: Wo Wahn und Wirklichkeit sich treffen
Dieses Stück könnte einer der Renner der Saison werden. Das Ensemble agiert in Hochform.
Krefeld. „Pension Schöller“ verspricht, einer der Renner der Saison zu werden: Regisseur Michael Gruner, Bühnen- und Kostümbildner Udo Hesse und dem Schauspielensemble ist eine überzeugende Aufführung gelungen, die bei der Premiere am Samstag begeistert gefeiert wurde.
Im Schwank von Carl Laufs und Wilhelm Jacoby kommt ein reicher Mann vom Lande in die Stadt: Er möchte eine Nervenheilanstalt besichtigen. Sein Neffe behauptet, der Gesellschaftsabend in der Pension Schöller sei eigentlich eine Soiree im Sanatorium. Und so trifft der reiche, weltfremde Onkel Klapproth (Daniel Minetti) lauter Menschen, die er für verrückt hält. Mit dem Ergebnis, dass alle diese Leute am Rande der Normalität ihn für den Verrückten halten.
Das ist Stoff genug für aberwitzige Szenen. Dem Weltreisenden Prof. Bernhardy (Christopher Wintgens) glaubt man seine Abenteuerlust erst, als er Klapproth eine Kiste mit zwei Baby-Leoparden verehren will. Schriftstellerin Josephine Zillertal (Esther Keil) giert nach Geschichten, deren Absurdität sie gar nicht mitbekommt. Joachim Henschke gibt den traumatisierten und stets angegriffenen Major a.D. von Mühlen. Am liebsten fordert er zum Duell.
Auch Pensionsbesitzer Schöller (Bruno Winzen) hat einen Tick: Nervös wirft er im Gespräch seinen Kopf zurück, wenn er seine Tochter verkuppeln will. Schöllers Neffe hat einen kuriosen Sprachfehler, er sagt „n“ statt „l“. Und doch lässt er nicht von seiner Theaterleidenschaft und zitiert vehement aus „Schinners Wannenstein“. Grandios in Sprache und Bewegung zeigte sich Jan Kersjes, Gast aus Dessau, eingesprungen für den erkrankten Paul Steinbach.
Auch die beiden neuen Ensemble-Mitglieder Nele Jung als Franziska Schöller und Jonathan Hutter als Alfred Klapproth — noch ein Neffe in dem Schwank — überzeugen auf der Krefelder Bühne. Das Gleiche gilt für Eva Spott als harmlose Schwester mit Männerwunsch.
Ein sparsames Bühnenbild mit einem zentralen Bett und drei Türen für das „Tür auf, Tür zu“ der Komödie schiebt die drei Ebenen (Pension Schöller, Gesellschaftsabend und Landsitz) ineinander. Damit stolpern die Darsteller durch Zeit und Raum, Wahn und Wirklichkeit vermischen sich miteinander.
Regisseur Michael Gruner siedelt das Stück zwischen Traum und Wachen an: Bei dem Verwirrspiel weiß man nie genau, wie verrückt die Leute nun sind. In bester Form tritt, leicht trottelig, Minetti als Klapproth auf: mal Akteur, mal Beobachter und für einen kurzen Moment ein Träumer. Aber diese einfache Auflösung des Vexierspiels kippt Gruner mit der Schlussszene nochmals um. Dann sind plötzlich alle eine Mischung aus Automaten und Totentänzern — vielleicht war es doch ein Alptraum, aus dem Klapproth erwachte?