Theater-Premiere: Und Gott will Käsekuchen
Ulrichs Hubs wunderbarer Fabel „An der Arche um acht“ fehlt im Kresch leider der Spieltrieb.
Krefeld. Wer in der Antarktis hockt und ins ewige Weiß stiert, dem können schon mal Zweifel kommen an Gottes Macht und Güte. „Besonders viel ist ihm bei dieser Gegend nicht eingefallen“, mault einer der drei Pinguine in Ulrich Hubs moderner Fabel „An der Arche um acht“. Überhaupt: Wer ist dieser Gott? Kann er durch Wolken sehen? Und warum schickt er seiner Erde eine alles vernichtende Sintflut?
Regisseur Helmut Wenderoth lässt im Kresch-Theater Schauspieler mit Taucherflossen über eine schiefe Ebene watscheln, was an sich schon lustig aussieht. Darüber hinaus haben Helge Fedder, Angelo Enghausen-Micaela und Benedikt Hahn offenbar eine Menge Zeit im Zoo verbracht. Sie zucken, rucken und gucken wie die putzigen Vögel. Ihre Mimik gleich exakt der, die Pinguine hätten, wenn sie denn eine Mimik hätten.
Das Problem der drei Freunde ist grausam. Sie sind zu dritt, doch nur zwei von ihnen dürfen auf die Arche. Kurzerhand wird der dritte in eine Kiste gepackt und an der strengen Taube vorbeigeschmuggelt. Britta Weyers spielt diesen komischen Vogel als ätherisches Wesen, dessen trockener Humor leider oft untergeht. Sie agiert zu leise und elfenhaft, gerade so, als sei Galadriel aufgefordert worden, einen schmutzigen Witz zu erzählen, und wende sich pikiert ab.
Ihre männlichen Kollegen gehen handfester zu Werke, doch der Schwung der ersten Minuten geht ihnen verloren. Anfangs lässt Wenderoth seine Pinguine manchen Schabernack treiben, sich mit Flügeln prügeln, rappen und debil ins Publikum grinsen. Kinder lieben so was, es wird viel gelacht im Publikum.
Dann gewinnt die Philosophie die Oberhand, und das Kinderstück wird zum Debattierclub. Selbst das herrliche Verwirrspiel um die Kiste plätschert dialog-lastig dahin — bis Gott selbst aus dem hölzernen Behältnis spricht und nach Käsekuchen verlangt.
Über solch absurde Momente findet das Stück zu tiefgehenden und doch kindgerechten Fragen. Antworten gibt es keine, aber gerade deshalb nimmt man die Fragen mit nach Hause, zusammen mit dem wunderbaren Schlussbild eines Regenbogens. Frank Andermahrs nüchterne Bühne dient nämlich als Projektionsfläche für die Fantasie der Videokünstlerin Inga Lankenau.
Über ein digitales Zeichenbrett erweckt sie das ewige Eis und die Tierwelt der Arche zum Leben. Diesen frech dahingeworfenen Bildern wohnt inne, was dem Bühnengeschehen leider fehlt: hemmungsloser Spieltrieb.