Requisitenfundus des Theaters: Ein überdimensionierter Dachboden
Ein Blick hinter die Kulissen. Im Requisitenfundus gibt es alles, was auf der Bühne gebraucht wird oder wurde.
Krefeld. Mitten in einem Gewerbegebiet steht unscheinbar ein altes Fabrikgebäude. Innen führt eine staubige Treppe in die Hallen des Theaters, wo einer der Schätze verborgen ist: der Requisitenfundus. Der typische Dachbodengeruch steigt schon in die Nase, bevor etwas zu sehen ist. Das Licht geht nur zögerlich an und offenbart ein Stöberparadies: In zwei abgetrennten Bereichen lagert das, was der Bühne in jedem Stück ihr Gesicht gibt — all die Details, die keine Hauptrolle in den Stücken spielen, die aber das Gesamtbild authentisch machen.
Haufenweise alte Kameras liegen in den Regalen, daneben stehen aufgereiht Fernseher, Telefone, Gläser und Flaschen aus allen möglichen Zeiten. „Wir haben viele unserer Stücke aus Haushaltsauflösungen. Einiges wird uns gespendet, anderes fertigen wir selbst an“, erklärt Peter Heckmanns, der Leiter des Requisitenfundus.
Der Hülser übt den Beruf nun schon seit fast 30 Jahren aus, und immer noch findet er Stücke, die länger im Fundus sind als er. Dabei zeigt er auf einen alten Kinderwagen, der etwa 130 Jahre alt ist. „Bei manchen Dingen müssen wir uns auch fragen, ob die überhaupt noch auf die Bühne sollen.“ Mit Aufrufen werden Zeitungsleser und Theaterbesucher immer wieder gebeten, für bestimmte Stücke Dinge zu spenden. So geschehen mit den alten Telefonen im Fundus. Eine komplette Regalreihe ist auch vollgestellt mit gespendeten Koffern.
Peter Heckmanns, Leiter der Requisite
Alle ordentlich nach Farbe und Material sortiert. So ist das Theater auch an einen echten Krokodillederkoffer gekommen. „Leihweise können wir die Sachen leider nicht annehmen, wir können nicht gewährleisten, dass die bei den ganzen Einsätzen auf der Bühne auch intakt bleiben“, erklärt Heckmanns. Aber die Leute würden trotzdem immer gerne Sachen spenden. „Das sind oft Dinge, die man nicht mehr gebraucht, die aber auch zu schade sind, um sie wegzuwerfen.“
In den Werkstätten der insgesamt elf Requisiteure werden aber auch oft Stücke hergestellt. „Wenn etwas alt aussehen muss, dann machen wir es alt. Wenn etwas nicht so einfach zu besorgen ist, bauen wir es nach Möglichkeit nach.“ Vor den beiden Räumen in dem Fabrikgebäude liegen Straßenlaternen und Möbel zum Abtransport bereit. Mit einem Aufzug werden die Sachen in die erste Etage und wieder nach unten gebracht.
Im Fundus ist es kalt, die Räume werden nicht beheizt. Die Kostüme könnten dort nicht lagern. „Wir haben noch einen Kostümfundus, einen Beleuchtungsfundus, einen Möbelfundus und eine Waffenkammer, wo die Waffen allerdings eingeschlossen sind und auch unbrauchbar gemacht wurden.“ Damit seien sie als Stadttheater gut ausgestattet. „Wir sind verhältnismäßig groß, aber es gibt auch Theater, die haben ihre eigenen Rüstmeister“, sagt Heckmanns.
Kaum zu glauben, dass es Dinge gibt, die im Fundus fehlen. Golfschläger stehen nehmen einem Rettungsring auf dem Boden. Alltagsgestände aus der Küche sind nur ein Regalbrett unter etwa zehn Vogelkäfigen zu finden. „Irgendwas fehlt immer. In einem Stück werden Sammelfiguren zerschmissen, für Dogville suchen wir noch vier Maschinengewehre von Thompson — wir sind ständig auf Recherche.“
Pro Stück kümmern sich zwei Requisiteure darum, dass die Bühne eingerichtet ist und Schauspieler und Regisseure alles haben, was sie für die Proben und das Stück brauchen. Ob die Hüter des Requisitenschatzes die vier Gewehre für Dogville aufgetrieben haben, können die Zuschauer ab Freitag, 27. März, auf der Bühne sehen.