Sinfoniekonzert: Kesselpauken auf Samtpfoten

Russische Idylle und nordische Klangwelten im 5. Sinfoniekonzert.

Krefeld. Modest Mussorgskis Vorspiel zur Oper „Chowanschtschina“ kann man als musikalischen Baukasten oder gar Selbstbedienungsladen bezeichnen. Denn spätere Berufskollegen strickten sich aus dem unvollendeten Werk ihr eigenes Opus. Beim 5. Sinfoniekonzert am Dienstag im Seidenweberhaus erklang die Fassung von Nikolai Rimsky-Korsakov aus dem Jahr 1883.

Die klingende Idylle, die der Titel von Mussorgski „Morgenstimmung an der Moskwa“ erahnen lässt, prägen vor allem Flöte und Harfe. Selbst die Kesselpauken kommen wie auf Samtpfoten daher. Zart lässt Generalmusikdirektor Graham Jackson am Pult das Stück ausklingen.

Mit Jean Sibelius und seiner Sinfonie Nr. 7 in C-Dur geht es ins 20. Jahrhundert. 1924 wurde die Sinfonie uraufgeführt, die aus einem einzigen Satz besteht. Aber trotzdem brachte der Finne einen Reichtum an musikalischen Themen in sein Opus ein, so dass es sehr abwechslungsreich und gegliedert erscheint.

Gleich im ersten Adagio schwelgen die Streicher in der nordischen Klangwelt, so wie man es beim „Nationalkomponisten“ erwartet. Die Liebe, die Sibelius mit seiner Heimat verband, wird hörbar.

Das dritte Werk des Abends, Dmitrij Schostakowitschs Sinfonie Nr. 5 in d-moll, entstand unter Lebensgefahr. Viele nicht linientreue Künstler wurden unter Stalin ins Gefängnis geworfen, andere gar ermordet. Schostakowitsch kam auch in den Ruf, eine „Unperson“ zu sein.

Wollte er in den 30er Jahren überleben, musste er komponieren, was man offiziell hören wollte. „Der Jubel ist unter Drohungen erzwungen“, klagte er. Doch in seiner Fünften findet er neben dem Jubelfaktor Raum für melancholische Motive sowie Karikaturen und Parodien.

Die Obrigkeit verstand diese Seitenhiebe erwartungsgemäß nicht und rehabilitierte Schostakowitsch. Die Sinfoniker zeigten sich von ihrer allerbesten Seite — selbst der Applaus war monumental.

Wiederholung des Konzerts am Freitag, 20 Uhr, im Seidenweberhaus.