Steckt die Kufa in der Krise?
Wenig Konzerte, viele Absagen: Die Verantwortlichen erklären die Gründe.
Krefeld. Fünf Konzertabsagen gab es seit August in der Kulturfabrik - die Häufung gilt als einmalig in der 26-jährigen Geschichte. Ohnehin wirkt das Programm derzeit eher dünn. Der Kufa-Vorsitzende Jürgen Mengert und Booker Markus Jansen sprechen über die Hintergründe, das Profil der Kufa und die Folgen der Finanzkrise.
Herr Mengert, wir haben nachgezählt: Seit August gab es fünf Konzertabsagen für die Kulturfabrik. Die offiziellen Gründe reichen von schwachem Ticketverkauf über laufende DVD-Produktion bis hin zum Beinbruch. Hat die Kufa eine Pechsträhne oder ein Problem?
Jürgen Mengert: Man muss jede Absage für sich betrachten - die Gründe sind in der Tat ganz verschieden. Tatsache ist: Wir sind nicht alleine davon betroffen. Die Wirtschaftskrise macht der Branche zu schaffen, ganze Tourneen fallen aus. Wenn das Management dafür medizinische Gründe angibt, müssen wir das glauben.
Die große Classic Rock Night hat die Kufa aber aus freien Stücken abgesagt.
Mengert: Das stimmt. Wir haben festgestellt, dass wir einen Fehler gemacht haben. Das musikalische Paket, das wir zusammen gestellt hatten, stimmte nicht. Daraus haben wir keinen Hehl gemacht und die Reißleine gezogen. Dann haben wir Manfred Mann und Uriah Heep für die Glockenspitzhalle gebucht, der Kartenverkauf lief gut. Als der Regen die Halle unbenutzbar machte, wollten wir unserem Publikum nicht noch eine Absage antun. Jetzt läuft das Konzert in der Kufa und ist nahezu ausverkauft.
Dennoch ist klar: Absagen führen auf die Dauer zu einem Imageproblem.
Mengert: Klar. Dennoch stellt sich oft die Frage, was das kleinere Übel ist - auch aus der Perspektive der Gäste. Wenn in der Kufa nur ein paar Dutzend Leute bei einem Konzert herumstehen, hat auch der Besucher keinen Spaß daran.
So war es bei Tele, einer der spannenden, aufstrebenden deutschen Bands. Die haben in der Kufa vor 32 Leuten gespielt. Wie erklärt man eine solche Peinlichkeit?
Markus Jansen: Gute Frage. Die Tour ist in ganz Deutschland nicht so toll gelaufen. Man steckt da vorher nicht drin - wir hatten an dem Abend mit 200 Leuten gerechnet.
Mengert: Vor einiger Zeit war mit The International Noise Conspiracy eine Band von internationalem Format hier. Gekommen sind 160 Leute, das geht gar nicht. Wir werden trotzdem nicht müde, so etwas immer wieder zu versuchen - allerdings vorsichtig. Wir wollen ja nicht irgendwann in Schönheit sterben.
Müsste die Kufa vielleicht aggressiver werben?
Mengert: Wir können Angebote machen und sie entsprechend anpreisen - mehr nicht. Ich kann mich nicht auf den Ostwall stellen und Autos umleiten.
Vielleicht haben die Leute auch weniger Geld für Konzerte?
Mengert: Deshalb versuchen wir, bei unserem Programm Maß zu halten, indem wir die gleiche Zielgruppe nicht zu oft ansprechen. Das können sich viele Leute nicht mehr leisten. Ein Überangebot sorgt schnell für schlechte Besucherzahlen.
Wie viele Schwierigkeiten bereitet der Standort Krefeld mitten im Ballungsraum Köln, Düsseldorf, Ruhrgebiet?
Mengert: Beim Kabarett ist das kein Problem, bei Musik schon. Köln können wir eh nicht wegdiskutieren, das ist aber auch nicht schlimm. Die Konkurrenz sitzt in Düsseldorf, Bochum, Essen, Duisburg.
Jansen: Köln ist bei jeder Band gesetzt, an zweiter Stelle steht Dortmund. Dann kommen die anderen Städte, unter anderem wir.
Mengert: Da kommt es oft auf Schnelligkeit an und auf das, was für uns finanziell darstellbar ist. Für jeden Preis bekommst du natürlich jede Band.
Im Moment besteht das Kufa-Programm zu einem ziemlich großen Teil aus Partys. Warum gibt es so wenig Konzerte?
Mengert: Das hat mit dem Angebot zu tun. Viele Agenturen haben im Laufe des Jahres schlechte Erfahrungen gemacht. Die warten lieber ab, weil sie einen Imageschaden befürchten, wenn ihr Künstler vor einer halb leeren Halle spielt.
Trotzdem tragen Partys nicht gerade dazu bei, das Profil der Kufa zu schärfen.
Mengert: Das liegt im Auge des Betrachters. Heute sind Partys für die Leute Events, das ist ein Stück Kultur geworden, zumal wir auch da ganz klar nach Sparten unterscheiden. Und den Vorwurf, dass die Kufa nur noch Partys macht, habe ich schnell mit Zahlen widerlegt. Das teilt sich genau im Verhältnis 50:50.
Und mit diesem Verhältnis können Sie leben?
Mengert: Wir würden es nicht gerne sehen, wenn das Verhältnis zugunsten der Partys kippt. Im Übrigen sind wir mächtig stolz darauf, dass die Besucherzahlen der Konzerte konstant nach oben gehen. Wir bauen ja auch Künstler auf: Wenn zu Hattler 180 Leute kommen, sind wir happy - denn beim vorigen Mal waren nur 78 da.
Jansen: Wir versuchen Kunden zu binden, aber auch Künstler. Die Bands fühlen sich wohl bei uns und kommen gern wieder. Erst wenn der Erfolg zu groß wird - wie bei Wir sind Helden -, sagt das Management irgendwann Nein.
Mengert: Mit dieser Hallengröße bekommen wir Bands auf dem Weg nach oben oder zurück auf dem Weg nach unten. Alles andere sind Glückstreffer.
In ihren Anfängen war die Kufa ein Ort für alternative Musik. Diesen Job hat heute weitgehend die Kulturrampe übernommen. Woran liegt das?
Mengert: Die alternative Schiene, mit der die Kufa populär geworden ist, gibt es so nicht mehr. Die Major-Label schmeißen sich sofort auf alles, was nur ansatzweise nach Erfolg riecht. Was früher eine gewisse Entwicklungszeit hatte und brauchte, wird heute gleich aufgegriffen und verheizt. Dadurch fehlt uns Substanz, aus der wir zehren können.
Im Kufa-Jubiläumsjahr gab es einen Besucherrekord - über 100.000 Gäste. Wie sieht der Trend für dieses Jahr aus?
Mengert: Das Jubiläumsjahr 2008 war ein Sonderfall, das wir nicht als Maßstab nehmen dürfen. Wir hatten statt 180 rund 240 Veranstaltungen und haben uns Dinge geleistet, die wir uns sonst nicht hätten leisten können. In den Jahren davor gab es eine kontinuierlich positive Entwicklung. Gegenüber 2007 werden wir 2009 wohl ein bisschen zulegen - und das in Zeiten der Krise. Das hat auch mit unserer Preispolitik zu tun. Bei uns kann man selbst am Ende des Geldes auf zwei Cola kauend einen schönen Abend verbringen, ohne dass jemand sich beschwert. Das wird honoriert, die Leute stimmen mit den Füßen ab.
Jansen: Wir haben trotzdem den Ehrgeiz, im nächsten Jahr an 2008 anzudocken. Fred Kellner, die Popolskis, 2raumwohnung und Culcha Candela sind fest gebucht, weitere Highlights stehen schon mit Bleistift im Kalender.
Im Jahr nach dem Jubiläum: Wie steht die Kufa auf einer Skala von 1 bis 10 da?
Mengert: Im oberen Drittel. Wir sind zufrieden mit dem Zuschauerzuspruch und der Vielfalt, die wir bieten können. Die Stimmung im Verein ist gut: Hier lässt keiner nach. Wir machen die Arbeit ehrenamtlich und mit Herzblut, wir versuchen, dabei authentisch zu bleiben. Wer uns kritisiert, hat jedes Recht dazu. Aber wir wünschen uns, dass mehr Leute unsere Einladung annehmen, hier mitzumachen und Dinge anders anzugehen.