Stickereien für Hohenzollern im Textilmuseum
Ein Taufkleid aus der Ausstellung „Der Kinder bunte Kleider“ wurde von einem Prinzen getragen.
Krefeld. Ein Höhepunkt der Ausstellung „Der Kinder bunte Kleider“ im Deutschen Textilmuseum ist sicherlich dieses elfenbeinfarbene Taufkleid, das schon 150 Jahre alt ist. Es stammt aus dem Hause Hohenzollern: „Und mit sehr hoher Wahrscheinlichkeit wurde darin Prinz Heinrich getauft“, sagt Uta-Christiane Bergemann.
Die Kunsthistorikerin hat im Vorfeld der Ausstellung akribische Untersuchungen der Exponate vorgenommen.
Und die Restauratorinnen haben die Textilien sorgfältig vorbereitet. Sie bringen die Stücke in Form und glätten sie. Dabei gilt absolutes Bügeleisenverbot. Also arbeiten die Restauratorinnen mit Feuchtigkeit und legen den Stoff dann in die richtige Form. Geduld ist in jedem Fall sehr gefragt — die Vorbereitungen zur Ausstellung dauerten zwei Jahre.
Aber bevor das Taufkleid in der Vitrine präsentiert wird, wirft die Kunsthistorikerin ihren genauen Blick darauf. Dazu benutzt sie sogar ein Mikroskop. Dabei hat sie herausgefunden, dass die feinen Ayrshire-Stickereien aufgenäht sind — das Taufkleid ist aus vielen vorgefertigten Einzelteilen zusammengefügt, die alle in England hergestellt wurden. Typisch für England ist auch die Kombination aus Plattstichen und Nadelspitze.
Prinz Heinrich von Preußen kam am 14. August 1862 zur Welt, er wurde vier Wochen später im Neuen Palais getauft. Seine Mutter Victoria war eine Tochter von Königin Victoria von England. Taufpatin sollte seine Tante Helene werden, auch sie eine Tochter der englischen Königin. Die anderen illustren Paten waren Abraham Lincoln und der spanische König — die allerdings nicht nach Berlin reisten.
Prinzessin Helene jedoch kam und brachte das Kleid wohl als Taufgeschenk mit. Rechnet man die Reisezeit im 19. Jahrhundert, muss man von davon ausgehen, dass das Geschenk innerhalb von drei Wochen fertiggestellt sein musste. „Und wahrscheinlich hat man damals erst mit dem Nähen und Sticken begonnen, wenn man Nachricht von der glücklichen Geburt bekommen hatte“, vermutet Bergemann.
Die Machart des schönen Kleides weist in ihren Details ganz eindeutig auf England hin. Die Maschine für die Kurbelnaht, die jeweils rechts und links von oben nach unten verläuft, war gerade erst entwickelt worden. Die Borte der Taille ist ein frühes Beispiel für Maschinenstickerei — ein moderner Besatz.
Auch der weitere Weg des Taufkleides ist dokumentiert: Prinz Heinrich, dessen Bruder Wilhelm 1888 Kaiser wurde, lebte auf Gut Hemmelmark bei Schleswig. Und dort wurde das Kleid lange aufbewahrt. Als Geschenk kam es zur Familie einer langjährigen Dienerin und Vertrauten. Deren Familie hat es dann später zum Kauf angeboten — die Museumsfreunde schenkten es dem Deutschen Textilmuseum.
„Aufgrund unserer Untersuchungen könnten wir ziemlich sicher sein, dass Prinz Heinrich in diesem Kleid getauft wurde“, fasst Bergemann die Ergebnisse ihrer Forschungen zusammen. Frühe Fotos oder Gemälde gibt es allerdings nicht: „Wir müssen den letzten Beweis schuldig bleiben.“