Tanztheater: Identität verkommt zum Profil
Ilona Pászthy untersucht in ihrer neuen Choreographie in der Fabrik Heeder die heutige Kommunikation.
Krefeld. Zwei sind schon eine Gruppe, doch diese vier Tänzerinnen und ihr männlicher Kollege blieben trotz vieler vermeintlicher Kontakte überwiegend für sich. Die Kölner Choreographin Ilona Pászthy zeigte jetzt auf der Studiobühne II der Fabrik Heeder ihre neue Produktion "Szia", die die heutige Kommunikationskultur, vorwiegend im virtuellen Raum des Internets, in den Blick nimmt. Und die Kontakte scheitern hier überwiegend, Grenzen werden nicht überwunden.
Auf der Bühne zwei Kästen, ein größerer, ein kleinerer (Ausstattung: MiegL). Auf der Rückseite des Größeren eine Schräge, auf der die Akteure (Julia Riera, Emily Welther, Maya Sakamoto, Anna Stieger und Fornier Ortiz) ab und zu hinunterrutschen. Das sieht man nur über Video. In dem kleineren Kasten findet sich des öfteren ein Akteur in Isolation wieder.
"Mein Lebensmotto: Forever twenty-one", verkündet eine Tänzerin, eine andere formuliert: "Ich bin heute Abend hier, um dich kennenzulernen." Die Dritte erzählt, sie habe in allen möglichen Metropolen der Welt einen Freund, kann sich dann aber nicht mehr erinnern, in welcher Stadt sie zuletzt gewesen ist.
Im Global Village des Internet verschwimmt die Realität, verkommt die Identität zum Profil, das vielleicht nur noch die Wunschidentität zum Ausdruck bringt, aber nicht mehr wirklich etwas über die Person erzählt.
Begegnen kann man da nur noch sich selbst im Spiegel, der bei diesem Stück in den Zuschauerrängen steht und auf den die Akteure nicht von ungefähr mit großen Lettern das Wort "Help" kleben.
Der (aus Kolumbien stammende) Tänzer begrüßt seine japanische Kollegin, die beiden sind mit der Gestik der jeweiligen Kulturkreise nicht vertraut und verstehen einander nicht.
Solche Miniaturszenen des Nichtverstehens durchziehen das Stück, das ansonsten von viel Aktionismus gekennzeichnet ist, der als Deckmantel für den Autismus der Individuen enttarnt wird.
Dass das Scheitern der Kommunikationsversuche auch negative Konsequenzen für den einzelnen hat, wird nur angedeutet, nicht wirklich ausgelotet. Nach einer knappen Stunde ist das Gewusel auf der Bühne dann auch schon vorbei, und man konnte sich als Zuschauer unterhalten fühlen, aber kaum gefordert.