Theater: Von Sparkurs keine Spur

Mit einem regelrechten Kraftakt haben Generalintendant Jens Pesel und sein Team den Spielplan für 2009/2010 auf die Beine gestellt.

Krefeld. Es ist vollbracht: Mit wenig Geld und viel Zeitdruck haben Generalintendant Jens Pesel und sein Team den Spielplan für 2009/10 auf die Beine gestellt. Dass es ein Kraftakt war, merkt man Pesel an, und er gibt es auch offen zu: "Das waren suboptimale Voraussetzungen für künstlerische Arbeit."

Erst vor sieben Wochen hatten die Stadträte Krefeld und Mönchengladbach nach monatelangen Debatten das Geld für die Spielzeit 2009/10 bereitgestellt - und zwar weniger, als das Theater benötigt hätte. "Wir werden weniger Gäste haben als sonst", sagt Jens Pesel. "Und wir haben sechs Neuproduktionen weniger als in der jetzigen Spielzeit."

Umso erstaunlicher ist, dass dieser Sparkurs zumindest auf dem Papier nicht erkennbar ist. "Auch wenn der Spielplan kostspielig wirkt, wird er finanzierbar sein", versichert Pesel. Das hat er auch dem Entgegenkommen von Regisseuren, Schauspielern und Ausstattern zu verdanken: "Sie sind auf die schlechteren Bedingungen eingegangen, weil sie mir in kollegialer Solidarität meine letzte Spielzeit nicht noch mehr versauen wollten."

Das Ergebnis ist ein Spielplan, der Farbe und Vielfalt verspricht, Populäres und Mutiges, Klassiker und Zeitgenössisches. In Krefeld sind zwei Uraufführungen geplant: im Ballett "Tschaikowskys Träume" von Robert North, im Musiktheater "Gestrandete Zukünftige" von Falk Hübner.

Das wohl ehrgeizigste Projekt ist "Das Rheingold", mit dem am 19. Juni 2010 in Mönchengladbach Wagners "Ring der Nibelungen" eröffnet wird. "Ein symbolischer Akt", sagt Jens Pesel im Hinblick auf seinen Nachfolger Michael Grosse, mit dem er sich gut versteht. "Der Ring wird weitergegeben von Intendant zu Intendant." Die Realisierung sei ein "Wagnis", gibt Pesel zu: "Jedes Theater stellt sich damit vor große, selbst gewählte Probleme."

Eröffnet wird die Krefelder Spielzeit am 26. September mit Verdis "Don Carlo". Für Pesel schließt sich damit ein Kreis: "Ich habe vor 14 Jahren mit Schillers ’Don Carlos’ hier angefangen."

Weitere Höhepunkte im Musiktheater sind Franz Lehárs "Der Graf von Luxemburg", der schon 2007/08 in Mönchengladbach zu sehen war, Donizettis "Viva la Mamma", Albert Lortzings "Zar und Zimmermann" und - zunächst nur in Mönchengladbach - "Die Comedian Harmonists". "Damit setzen wir unsere Serie von Unterhaltungsstücken mit ernstem politischen Hintergrund fort", betont Jens Pesel. Als Kinderstück wechselt "Aschenputtel" von Gladbach nach Krefeld.

Im Ballett zeigt Robert North neben "Tschaikowskys Träume" die Wiederaufnahme von "Bach". Sein "Casanova" kommt 2010/11 nach Krefeld. Da der Choreograf im kommenden Jahr 65 Jahre alt wird, wird ihm Anfang Juni 2010 eine Reihe mit acht Aufführungen gewidmet, zu der auch Gast-Compagnien anreisen.

Im Schauspiel schließlich machen erst im Dezember 2009 "Die Troerinnen" von Euripides den Anfang. Auf dem Spielplan steht auch Shakespeares "Hamlet", Peter Shaffers "Amadeus", grandios verfilmt von Milos Forman, und John von Düffels Dramatisierung von Thomas Manns "Buddenbrooks". Modern wird es mit "experiment. prisoner 819 did a bad thing" von Hermann Schmidt-Rahmer, Theresia Walsers "Ein bisschen Ruhe vor dem Sturm" und "Das Interview" nach einem Film des 2004 auf offener Straße erstochenen niederländischen Filmemachers Theo van Gogh.

Zu seinem Abschied gibt Jens Pesel nicht nur verdienten Assistenten bei Regie, Dramaturgie und Ausstattung Chancen zu eigen Arbeiten, er verneigt sich auch vor seinen beiden "Nestoren" Joachim Henschke und Matthias Oelrich. In Herb Gardners "Ich bin nicht Rappaport" gibt es Glanzrollen für sie.

Das gesamte Ensemble wird künstlerische Entschädigung nötig haben. "Nach der Spielzeit werden alle ausgequetscht sein", sagt Pesel. Eine eigene Abschieds-Inszenierung verkneift sich der Intendant: "In diesen Zeiten braucht es einen starken Feuerwehrmann - dafür muss ich mich bereithalten."