Urwal aus Uerdingen

Vergessener Fund: Beim Bau der Rheinbrücke wurde er gefunden.

Krefeld.Warum in die Ferne schweifen oder sich mit fremden Federn schmücken, fragte der Krefelder Alfred Kremer die WZ, als er die Geschichte vom Kervenheimer Urwal las, der vor 20 Jahren von Krefelder Geologen in einer Kiesgrube gefunden wurde und im Geologischen Dienst an der De-Greiff-Straße aufbewahrt wird.

Alfred Kremer ist einer der ganz wenigen Menschen, die wissen, dass es auch einen Krefelder Urwal gibt. Dessen Reste wurden schon im Jahre 1935 beim Bau der Uerdinger Rheinbrücke gefunden. Er ist nicht zehn Millionen, sondern mehr als 27 Millionen Jahre alt, aus dem Oligozän.

Ein großer Nachteil allerdings ist, dass von diesem Fossil nur ein Teil des Schädels erhalten blieb. Dieser verlor im Verlauf der letzten 70 Jahre weitere Knochenteile. Seine letzte Ruhe fand der Knochen - nach vielen Reisen - endgültig im Essener Ruhrlandmuseum. Da liegt er nun, vergessen von der Welt, in einer Pappschachtel. Walforscher Johannes Albers allerdings widmete ihm einen umfangreichen Text.

Alfred Kremer hatte übrigens im vergangenen Jahr vergeblich versucht, das Relikt zur 750-Jahrfeier Uerdingens in die Rheinstadt zu holen. Das wäre ein Coup gewesen. "Kein Uerdinger weiß davon. Ich habe Zeitzeugen des Brückenbaus befragt. Ohne Erfolg", erklärte er jetzt gegenüber der WZ: "Aber vielleicht mache ich noch mal einen Anlauf."

Dass das Ruhrlandmuseum das Knochenstück so einfach herausrückt, ist relativ unwahrscheinlich. Denn der Wal, den die Wissenschaft zur Gattung "Patriocetus" zählt, ist eine Art "Missing link" zwischen den Urwalen. Während das Kervenheimer Tier zur Sorte der Bartenwale zählt, ist der Uerdinger Fund den Zahnwalen zuzuordnen.

Mehrfach haben sich, wie der Wal-Spezialist Albers weiter schreibt, Wissenschaftler über die genaue Bestimmung des Fundes gestritten. In der Zwischenzeit war "Patriocetus" auf eine Odyssee gegangen, hatte als besonders wertvolles Stück in Essen in einem Panzerschrank den Krieg verbracht, wobei ein Stück der Schnauze abbrach, wanderte nach Ostberlin (DDR) zur Begutachtung und kam 1990 nach Essen zurück. Dort wurde er wieder in der Sammlung gezeigt, aber endgültig 2001 in einen Pappkarton gelegt. Ab ins Magazin.

Da es bei einem Fund nicht bleibt, hier noch eine weitere Meldung. 1965 fand man im Kies bei Lank-Latum das Schädelfragment eines oligozänen Bartenwals, eines frühen Ahns des Kervenheim-Wals also. Alle diese großen Schwimmer stammen aus den Randmeeren des sagenhaften Urmeeres Tethys, der eigentlichen Heimat aller Wale.