Von Toreros und Bikinis

Lesung: Paul Ingendaay plauderte im Lokschuppen über Spanien.

Krefeld. Spanien, Internatsleben und Krefeld, die Stadt, in der er umzusteigen pflegte. Der Krefelder Literaturpreisträger Paul Ingendaay (47) plaudert im überfüllten Lokschuppen des Nordbahnhofs über vieles. Der Kulturkorrespondent einer großen deutschen Tageszeitung, 2006 für seinen Roman "Warum Du mich verlassen hast" ausgezeichnet, war von seinem ehemaligen Schulkameraden Viktor Furth, dem Nordbahnhofs-Wirt, zu einer Lesung über das inzwischen in siebter Auflage erschienene Buch "Gebrauchsanweisung für Spanien" eingeladen worden.

Furth geriet ein wenig in Hektik, als plötzlich ein Dutzend Ehemalige aus dem Internat Gaesdonck bei Goch, das in Ingendaays Roman eine authentische Hauptrolle spielt, unangemeldet "auf der Matte" standen. Aber Enge bringt Stimmung, und so brauchte Ingendaay kaum auf den Text zu schauen, um über seinen inzwischen zehn Jahre währenden Aufenthalt in Spanien zu erzählen, über die drei Arten, dort Kaffee zu trinken, die iberische Liebe zur Dekoration, die selbst Rechnungen einpacken lässt, den Aberglauben der Spanier, eine Prominentenhochzeit im Escorial, eine schief gelaufene Gala in der Madrider Oper oder einen alternden Torero.

Während Stephanie Furth auf kleinster Anrichte Jambon-Tapas zauberte, stellte Ingendaay fest: "Die Großzügigkeit der Spanier gegenüber Fremden beruht auf ihrer Selbstbejahung." Spanien sei ein heiteres Land, aber es gebe drei ganz ernste Themen: Stiere, Flamenco und Fußball. Da werde nicht gelacht. In gekonnt feuilletonistischer Tonart schilderte Ingendaay das Arbeiten im heißen spanischen August, die Bedeutung von Stränden und Bikinis ("in allen Dehnungsgraden") und sang ein Loblied auf die Schuhputzer.

"Krefeld war früher die Stadt, in der ich umstieg, um von Goch nach Köln zu kommen", erinnerte sich der Schriftsteller. "Doch wenn man einen Preis bekommt, ändert sich die Einstellung." Inzwischen sei er mehrfach hier gewesen. Und sein nächstes Buch, das "in der Mache" ist, will er auch wieder im Lokschuppen vorstellen.

Die Gaesdoncker ließen den Träger des Aspekte-Literaturpreises aber nicht gehen, bevor er noch eine Passage aus dem Roman las. Die beschäftigte sich übrigens mit dem Treffen der Internats-Insassen mit Mädchen im Eiscafé. Der Roman ist übrigens unter dem Titel "De langste zondag von mijn leven" jetzt auch in Niederländisch erschienen. Gaesdonck liegt schließlich nur einen Steinwurf weg von der Grenze.