Premiere: Armes Leben am Rand der Welt

Suly Röthlisberger und Matthias Oelrich spielen „Grundsteuer“ als Studiostück auf der Bühne der Fabrik Heeder.

Krefeld. Ein komisches Paar: Die ans Bett gebundene Senta (Suly Röthlisberger) und ihr Vermieter Hermann (Matthias Oelrich) hausen in einem heruntergekommenen Haus, und es ist offenbar Hassliebe, die sie verbindet. Sie braucht ihn, damit er ihr die Einkäufe erledigt und sie über eine Telenovela, die sie wegen ihres kaputten Fernsehgerätes nicht sehen kann, auf dem Laufenden hält. Er luchst ihr das wenige Geld ab, das sie noch hat. "Grundsteuer" heißt das Drama der Lettin Mara Zalite, das jetzt unter der Regie von Ulrich Hüni als Studioproduktion des Stadttheaters in der Fabrik Heeder Premiere feierte.

Ein schäbiger Bodenbelag, ein Sofa: Bühnenbildnerin Isabel Robson hat realistisch eine ärmliche Bleibe konstruiert. Ein Gerüst am Rand weist auf die Baufälligkeit hin. Dahinter aber reckt in voller Bühnenbreite eine Heldenskulptur die Arme. Es steht für die lange Zeit der russischen Okkupation Lettlands.

Videos mit Fakten über Lettlands Geschichte oder oft beliebig ausgewählte Musiken trennen die Szenen etwas holprig voneinander. Der dramatische Zündstoff im ersten Teil scheint konstruiert, und dann, wenn es endlich existentiell wird - eine unbezahlbare Grundsteuerforderung trifft ein -, wirkt er nur behauptet. Die Schauspieler schlagen mehr Funken aus einem nicht sonderlich starken Text, als in ihm zu stecken scheinen.

Am Anfang geht’s um die Telenovela, die für Senta Lebensinhalt ist, und um den von ihr imaginierten Kater, dem Hermann gleichwohl das beste Katzenfutter besorgen soll. Am Ende geht’s dann um die Vergangenheit, geht’s um die Leichen im Keller, die hier unterm Fliederbusch im verwilderten Garten liegen.

Sie hat wohl mit einem Russen angebandelt, er hat ihn aus Eifersucht umgebracht - vielleicht. Man weiß es nicht so genau, denn der symbolische Verweis auf die Beziehung der Letten zu ihren Besatzern ist überdeutlich. Am Ende bringen sich die beiden Alten mit Gift um, ein junges Pärchen (Dorothea Förtsch und Thomas Schweins) entert die Bühne, schwafelt von Saint Tropez und schmiedet Pläne, die man in der Ruine der Vergangenheit realisieren will, ohne diese erst zur Kenntnis zu nehmen. Das Leben geht weiter, wen interessiert schon, was gestern war. Ein wenig scheint das auch die Haltung der Autorin zu sein, ihre Antihelden lassen einen kalt (weitere Aufführung am 28. März).