Kunst Wenn Künstler nur noch Rot sehen

Liebe, Lust und Leidenschaft: In der Gruppenausstellung des Vereins 35Blumen am Westwall hat sich alles um eine Grundfarbe gedreht. Was die Idee dahinter ist, erklären die Verantwortlichen.

Foto: Strücken, Lothar (sl48)

Krefeld. „Rot ist die Liebe. Rot ist das Blut. Rot ist der Teufel, in seiner Wut.“ Diese Worte hingen über den ausgestellten Werken im Atelier des Krefelder Kunstvereins 35Blumen. Im August stellte der Kunstverein diverse Werke vor, die sich alle um die Farbe Rot und ihren Facettenreichtum drehten. Die Ausstellung war eine Hommage an jene Farbe, die so viele verschiedene Interpretationen beinhaltet wie keine andere.

Keinen halben Kilometer trennt die unscheinbare Gasse am Westwall, in der sich das Atelier der Kunstinitiative 35Blumen befindet, und das Krefelder Kaiser-Wilhelm-Museum. Trotz des erheblichen Größenunterschiedes wird in der ehemaligen Schmiede, die man vor wenigen Monaten zum Ausstellungsort umfunktionierte, allerdings ebenso wertvolle Kunst gezeigt.

Jedoch auf Basis eines völlig anderen Konzeptes. Vor sechs Jahren gründete Ulrike Oppel die Initiative, die mittlerweile als Verein agiert und im Rahmen dessen Künstlern eine Plattform für ihr Wirken bietet. Dies umfasst etablierte Größen genauso wie unbekannte, aufstrebende Jungkünstler aus der Region. Auch internationale Kontakte habe Oppel mittlerweile persönlich und über das Internet geknüpft und somit Werke aus aller Welt eingeholt. Mindestens einmal monatlich wechselt die Ausstellung im Atelier.

Die Ausstellung „Rot“ war vorrangig unter der Ägide des Krefelder Künstlers Frank Joerges entstanden, der unter den von Ulrike Oppel gesammelten Werken eine kleine Serie zusammenstellte. Ziel sei es gewesen, das gesamte Spektrum der Farbe Rot zu erfassen, so Joerges. Dies begann mit dem Eigenbeitrag Joerges zur Ausstellung. Drei rote Tafeln, auf denen Impressionen einer typischen Fabrik aus der Epoche der Industrialisierung zu sehen waren. Kombiniert wurden sie mit drei Zitaten von Karl Marx. „Rot kann auch eine politische Aussage treffen“, erklärte Joerges. Besonders im Kontext der sozialdemokratischen und sozialistischen Bewegungen repräsentierte die Farbe regelmäßig das Revolutionäre, auch die Vorstellung einer gesellschaftlichen Utopie.

Eben diese Motive wolle er mit den Bildern aufgreifen, die bereits von der IG Metall für eine Veranstaltung angefragt worden waren, erzählte Joerges. Während dies vorrangig die politische Sphäre der Farbe einfing, konzentrierte sich der Krefelder Künstler Scharlih Bo auf den Einsatz von Rot als Signalfarbe. Ein Motiv, das auch Joerges subtil aufgriff. Neben einem großen, konventionellen Gemälde ließ sich ein kleines Stoppschild mit arabischem Schriftzug erkennen. Ein Erinnerungsstück von Joerges aus Marrakesch, die in Anlehnung an die Farbe ihrer Stadtmauern auch als die „rote Stadt“ bezeichnet wird.

Zudem war auch ein Werk des kurz zuvor verstorbenen japanischen Künstlers Yoshi Kakedo zu sehen, in dessen Stil man die asiatische Ästhetik entdecken könne, sagte Joerges. Divergierende rote Punkte, die stetig kleiner und blasser werden, verlaufen letztlich in einem kalten Blauton. Durch ein Porträt zweier Menschen und einem Bild, auf dem dutzende Tulpen in unzähligen Rottönen abgebildet sind, wurde mit der Liebe eine weitere populäre Assoziation mit der Farbe Rot aufgegriffen.

Die bei 35Blumen ausgestellten Werke konnten in Teilen auch erworben werden, der Erlös gehe allerdings zu 100 Prozent an die Kunstschaffenden. „In der Gesellschaft wird die Arbeit der Künstler finanziell zu selten gewürdigt“, erklärte Oppel die Hintergründe dieser Entscheidung. Dabei erfülle Kunst eine gesellschaftlich eminent wichtige Aufgabe und könne für sie nie gesondert von der gesellschaftlichen Situation gesehen werden, in der sie entsteht.

Konkret interessiere sie, wie gesellschaftlicher Zusammenhalt funktioniert, was sich ebenso auf die Arbeit in der Kunst übertragen lässt. Verschiedene Altersgruppen oder auch Kulturen sollen durch die Ausstellungen zueinanderfinden. Im Rahmen der Hängung „Rot“ waren die Werke von Madeleine Strindberg, die bereits als Dozentin fungierte und in der Londoner Kunstszene aktiv war, neben Gemälden von anonymen Künstlern zu sehen. Das revolutionäre, politische Rot hing unmittelbar neben dem Rot der Liebe, dem roten Buchrücken von Eugen Roths „Ein Mensch“ und einem Stoppschild aus der „roten Stadt“ Marrakesch.

Eine gelungene Ausstellung, in der gänzlich unterschiedliche Motive durch eine Farbe in direkte Verbindung gesetzt und letztlich in ihrer Verschiedenheit vereint worden sind.