Lebensgefahr im Wald
Sturmschäden Nach dem Orkan Kyrill laufen die Aufräumarbeiten im Grenzwald auf Hochtouren. Spaziergänger sollten sich noch bis Ostern fern halten.
Niederrhein. 25 Millionen Bäume in Nordrhein-Westfalen haben den Sturm Kyrill nicht überstanden. "Aber wir sind noch mal mit einem blauen Auge davongekommen", schätzt Michael Wiesner vom Forstamt Mönchengladbach die Lage im Grenzwald ein. "Im Vergleich zu Eifel oder Sauerland hat es uns deutlich weniger schlimm getroffen."
Die Größenordnung die er nennen kann, liegt im Bereich eines Jahreseinschlags. Das heißt: An einem Tag sind so viele Bäume gefallen, wie sonst in einem ganzen Jahr kontrolliert gefällt werden. Von Meldungen über fallende Holzpreise lässt sich Wiesner nicht schocken. Er hofft, "dass wir vernünftig vermarkten können." Dort, wo es Stauchungen oder Brüche gegeben habe, sei es halt Ausschussware, aber ein Baum, der einfach nur umgekippt sei, ließe sich normal verkaufen.
Selbst der große Sommersturm in Schweden vor anderthalb Jahren habe auf dem Weltmarkt nicht zu sinkenden Holzpreisen geführt, obwohl da deutlich mehr Schaden angerichtet worden sei als durch Kyrill. Auch denjenigen, die hoffen, dass wegen des vielen Ausschusses nun die Brennholzpreise sinken, bereitet Wiesner zunächst eine Enttäuschung: "Als Brennholz wird meistens Laubholz gefragt, hier sind aber vor allem Fichten und Kiefern umgefallen."
Fichten haben als Flachwurzler die geringsten Überlebenschancen im Sturm. Im Volksgarten in Mönchengladbach sind aber sogar einige der über 180 Jahre alten Buchen dem Sturm zum Opfer gefallen. In den Wäldern im Grenzland wird im Augenblick unter Hochdruck gearbeitet. Über den Frost, der jetzt herrscht, freut man sich beim Forstamt aus zwei Gründen. "Zum einen sind die Wege nicht matschig und aufgeweicht, dadurch richtet man wesentlich weniger Folgeschäden an", erklärt Wiesner. Zum anderen ist man bei frostigen Temperaturen weitmöglichst von der Gefahr durch Borkenkäfer entfernt. "Wir müssen jetzt ja zuerst die Bäume, die noch querhängen, abmachen, das ist sehr aufwändig, muss mit Traktoren und schwerem Gerät geschehen." Dadurch bleiben die Fichten liegen.
Ab Temperaturen von 18 Grad fliegt aber der Buchdrucker, der sich über das Festmahl freuen, sich vermehren und dann auch die noch stehenden Fichten angreifen würde. Also heißt es: Schnell machen. "Bis alles fertig wird, sind aber wohl drei Monate um", schätzt Wilfried Kaufhold, Revierförster von Niederkrüchten, zuständig für den Elmpter Teil des Grenzwalds, den es ziemlich erwischt hat. Rund 5000 Festmeter, so Kaufhold, lägen flach. "Und da kommt noch etwas zu, viele Bäume sind vorgeschädigt und werden noch umfallen."
Am Sonntag seien bei den Windböen bereits die ersten gekippt. Deshalb habe man als Spaziergänger im Wald noch eine ganze Weile überhaupt nichts zu suchen. "Das ist lebensgefährlich", sind sich Kaufhold und Wiesner einig. Nach Karneval könne man mal vorsichtig bei den Förstern anfragen, wo man denn wieder gefahrlos gehen könne. "Am besten ist aber, man bleibt bis Ostern raus aus dem Wald", sagt Kaufhold. "Niemand soll glauben, er könne noch reagieren, wenn er ein Kna-cken hört, dann ist es schon zu spät", warnt er eindringlich.
Im Elmpter Wald arbeiten neben den Forstarbeitern der Gemeinde zurzeit auch zwei Firmen daran, alles wieder aufzuräumen. Bereits am Freitagmorgen kümmerte sich Kaufhold auch um die Vermarktung des ersten Holzes. "Da darf man nicht zu sentimental werden und den Bäumen nachtrauern, da muss man handeln."