Badezentrum Bockum Ein Jahr in Krefeld – die Legionellen sagen Danke für eine tolle Zeit

Legionellen haben 2019 für Ärger gesorgt. Unser Autor schlüpft für einen Rückblick in die Rolle der Bakterien.

Foto: Peter Schmitz

Huhu und ein herzliches Prost in die Runde!

Das Jahr 2019 ist fast zu Ende und da ist es auch für uns Legionellen an der Zeit, Danke zu sagen. Ich übernehme das mal ganz entspannt mit leckerem Getränk in der Hand und Schwimmreifen unter dem Rücken. Schließlich hatten meine Kollegen und ich doch so ein nettes Jahr bei Ihnen in Krefeld: Für einige von uns war es der Sommer ihres Lebens. Zumindest ein paar Wochen waren Sie, liebe Krefelderinnen und Krefelder, uns gute Gastgeber.

Sie erinnern sich bestimmt so gerne wie wir: Wochenlang haben meine Artgenossen und ich den Betrieb im Badezentrum Bockum unmöglich gemacht. Und im Herbst hatten wir noch ein paar schöne Tage im Leitungssystem der Sporthallen an der Horkesgath. Die Duschen mussten daraufhin gesperrt werden. So ist es eben, wenn die Bakterien kommen. Die meisten Krefelder haben uns daher leider als böse Eindringlinge wahrgenommen. Als wären wir gefährliche Außerirdische oder noch schlimmer: Fans der Düsseldorfer Eislauf-Gemeinschaft. So ein Quatsch.

Das Missverständnis sollte nicht länger bestehen. Klar, so wahnsinnig gut tun wir den Menschen nicht. Aber wir gönnen den Sportlern eigentlich ihre Anlagen. Und eigentlich dürfen die Schwimmer aus unserer Sicht so oft vom Beckenrand hüpfen, wie sie wollen. Wir sind keine Bademeister, sondern ganz sympathische Legionellen. Dass es trotzdem ein Problem gibt, zeigt Ihnen das Wörtchen „eigentlich“.

Eigentlich sollte Weihnachten dieses Jahr auch harmonisch verlaufen. Eigentlich sollte die Bahn nach Feierabend pünktlich kommen. Und eigentlich sollte nie Florian Silbereisen statt Sascha Hehn Kapitän des Traumschiffs werden. Hätte, hätte, Ankerkette. So einfach ist es nicht.

Unsere Interessen sind eben schwer vereinbar, blöd gelaufen. So sehr wir den Menschen Ihren Spaß gönnen: Wir Legionellen mussten mal an uns denken. Wir lieben die 1960er-Jahre und die tollen Gebäude von damals. Das lange Rohrnetz im Badezentrum hatte deshalb alles, was es für uns so braucht. Eine Temperatur von 25 bis 45 Grad Celsius: optimal für unsere Vermehrung. Unter 20 Grad wird es zu frisch, bei mehr als 60 ist es selbst uns zu warm. Im Badezentrum passte alles.

Damit nicht genug: Die typischen Ablagerungen – wie etwa Kalk –, die sich an den Wänden solcher Rohre befinden, und dazu ein spezieller Biofilm sind herrlich für uns. Bei unseren Nährstoffansprüchen ist das die beste Lebensgrundlage.  Kurzum: Was für Sie womöglich ein netter Abend vor dem Kamin ist, ist für uns diese feucht-warme Umgebung im Leitungssystem des Bads. Und wenn wir so einen schönen Platz finden, sind wir eben gleich in großer Gruppe vor Ort. Alleine ist es auch verdammt langweilig.

Leider haben sich die Menschen plötzlich jede Mühe gegeben, uns zu vertreiben. Deshalb fragten wir uns wie einst schon Uli Hoeneß: „Und... und... und wer ist schuld daran?“ Klare Sache, die Sportvereine wollten ihre Becken zurück und die Stadt hat gehandelt: Reinigung und Bauarbeiten im Badezentrum. Zum Glück liefert Philosoph Hoeneß auch dafür die passende Einschätzung. Was für ein „schöner Dreck“. Zu gerne wären wir geblieben. Im Sommer hatten wir doch eine gute Lösung für alle. Wir, die Legionellen, waren im Badezentrum und die Menschen konnten in den Uerdinger Waldsee hüpfen.

Die Arbeiten am Badezentrum waren deshalb zunächst ein Schock. Der Traum von Krefeld schien für einen Moment ausgeträumt zu sein. Doch wir Legionellen haben alles gegeben, dass er Wirklichkeit bleibt. Glücklicherweise bietet diese schöne Stadt das eine oder andere ältere Trinkwassersystem. Daher folgte unser Umzug in die Sporthallen an der Horkesgath. Willkommen waren wir wieder nicht. Dort sollten uns nun irgendwelche Hygienefilter vertreiben. Die Menschen haben wohl für alles eine Lösung.

Man könnte nun meinen, dass wir endlich leise Servus sagen. Doch so wird es nicht kommen. Krefeld war zu gut zu uns. Wir wünschen Ihnen daher ein frohes Neues Jahr und uns allen schon mal ein gutes Miteinander im Jahr 2020. Schließlich waren wir schon 2018 da, kamen 2019 wieder und nehmen gerne den dritten Anlauf im neuen Jahrzehnt. Bis dahin: Fröhliches Planschen.

Herzlichst, Ihre Legionellen.