Rudern: „Man muss an sich glauben“

Der Krefelder Jochen Urban will über München (WM) das Ticket für die Olympischen Spiele in Peking lösen.

Ratzeburg/Krefeld. Eine Trainingseinheit in Ratzeburg. Jochen Urban und sein Kompagnon Andi Penkner gleiten scheinbar mühelos durchs Wasser. Im 38-er Schlagtempo (38 Schläge pro Minute) und im Gleichklang der Bewegungen. Was wie einstudiert aussieht und eine fast anmutige Leichtigkeit hat, ist harte Arbeit. Das Duo probt den Ernstfall, den harten Wettkampf und geht mit hoher Intensität zur Sache.

2000 Meter Power, lange sechseinhalb Minuten, Jochen Urban und Andreas Penkner wollen sich keine Blöße geben. "Im Achterboot ist die Schwäche eines Einzelnen auszubügeln", sagt Urban, "aber wenn nur zwei in einem Boot sitzen und einer schwächelt, kannst du das Rennen abhaken." Dass dies nicht eintritt, dafür trainiert der 23-jährige Krefelder Ruderer und sein Kumpel aus Radolfzell wie besessen. Im Training läuft alles rund, ab Sonntag aber kommt der Druck hinzu.

In München steht die größte Ruder-Weltmeisterschaft aller Zeiten bevor. Mit 1200 Teilnehmern aus aller Herren Länder - und alle haben ein Ziel vor Augen. Wenn es schon nicht zu einem Medaillenplatz reichen sollte, dann aber auf jeden Fall zur Teilnahme an den Olympischen Spiele 2008. Ein Ticket für Peking - darum geht es auch Jochen Urban in erster Linie. Der Student der Medizin (4. Semester) macht daraus keinen Hehl. "Natürlich will ich so weit vorne landen wie irgendwie möglich, aber entscheidend ist, dass wir Platz elf schaffen und uns für China qualifizieren. Das ist Pflicht, das ist ein Muss. Platz zwölf bedeutet das Aus. Aber daran verschwende ich keinen Gedanken. Man muss immer an sich glauben."

24 Boote gehen im Zweier ohne Steuermann an den Start. Und das Feld ist dichter denn je, die Konkurrenz so hart wie lange nicht. "Australien und Neuseeland sind unantastbar, aber danach sind mindestens acht, neun Boote fast gleichwertig. Wenn wir das Finale erreichen, wäre das ein Traum", sagt der Modellathlet, dessen Freundin Marlene Sinnig in München im Frauen-Achter an den Start geht.

Achter? Sollte das nicht einmal die Paradedisziplin von Jochen Urban werden, ehe er auf Zweier ohne umstieg? "Nein, nein", sagt der Athlet vom Crefelder Ruderclub, "das ist schon okay so. Ich bin zufrieden, und auch 2008 werde ich im Zweiter ohne für Deutschland an den Start gehen."

Was aber nicht heißt, dass der Hüne (1,92 m) aus der Seidenstadt nicht doch noch einmal einen Abstecher wagt. Bundestrainer Dieter Grahn hat ihm jedenfalls einen Platz im Achter reserviert, wenn drei Wochen nach der Weltmeisterschaft Europas beste Ruderer im polnischen Poznan auf Titeljagd gehen.

Geboren: 23. September 1983, Vater Wolfgang ist Kardiologe von Beruf

Heimatverein Crefelder Ruderclub

Trainer Jochen Urban wird sein Jahren von Christoph Lücke betreut

grösster sportlicher Erfolg Fünfter Platz im Zweiter ohne bei der Ruder-WM in Eton 2006 und 7. im Vierer ohne bei den Olympischen Spielen in Athen

Berufswunsch Arzt. Jochen Urban studiert im 4. Semester Medizin in Bochum. Sein Physikum (1. Prüfung) hat er wegen der Weltmeisterschaften in München um ein paar Wochen verschoben

sportliches Ziel Die Olympischen Spiele in Peking 2008