Zehnkämpfer Michael Schrader sorgt für Paukenschlag
Auch Krämpfe können den Bayer-Athleten beim Sensationssieg nicht stoppen.
Götzis. Michael Schrader (SC Bayer Uerdingen) ist Deutschlands neuer Zehnkampf-Star. Beim internationalen Mehrkampfmeeting in Götzis (Österreich) siegte der Shootingstar mit der Weltjahresbestleistung von 8522 Punkten.
19 Jahre nach Christian Schenk stand erstmals wieder ein Deutscher auf dem Siegerpodest des prestigeträchtigsten Mehrkampfmeetings der Welt. Der Sieg wurde Schrader mit einer Prämie von 15000 Euro versüßt.
Dank sieben Bestleistungen avancierte der 21-Jährige zum Publikumliebling im Möselstadion. Mit aller Gemütsruhe schrieb der Bundeswehrsoldat nach der Siegerehrung an die 500 Autogramme, zog sich dabei Krämpfe in Armen zu, doch jeder Wunsch wurde erfüllt. Hunderte Mal ließ sich der Sensationssieger mit begeisterten Fans ablichten.
Selbst Weltrekordler Roman Sebrele, der uneingeschränkte Star der "Könige der Athleten", der nur Vierter wurde, zollte dem Uerdinger Respekt. "Ich kann noch gar nicht glauben, was hier passiert ist. Ich wollte doch nur eine gute Punktzahl machen", schüttelte Schrader fast ungläubig den Kopf.
Im Blitzlichtgewitter folgte ein Fernseh- und Radiointerview nach dem anderen, nachdem Schrader erst im abschließenden 1500-m-Lauf dem US-Amerikaner Trey Hardee den Sieg noch entrissen hatte.
21 Sekunden lag der Uerdinger vor dem Amerikaner, der mit sechs Punkten Rückstand Zweiter wurde. Schrader verbesserte seine Bestmarke von 2008 in Ratingen (8248) um 274 Zähler.
Weltklasse war vor allem der Start in den Wettbewerb. Schrader sorgte mit 10,64 Sekunden über 100 m für einen Paukenschlag und schockte die Konkurrenz.
Im Weitsprung setzt es noch einen drauf und verblüffte nicht nur Trainer Torsten Voss mit der Topweite von 8,05 Meter. Die Organisatoren honorierten die Leistung, die allein 1073 Punkte einbrachte, als beste Einzelleistung aller Athleten mit einem weiteren Scheck über 1000 Euro.
In den 35 Jahren des Meetings schafften nur der Tscheche Roman Sebrele (8,11 m/2001) und der Este Erki Nool (8,10m/1995) größere Weiten. "Ich war eigentlich gar nicht zufrieden. Nach dem Absprung habe ich eher eine Notlandung in der Grube fabriziert. Ich dachte in der Luft, du kippst gleich nach vorneweg", sagte der Uerdinger.
Ziel waren 7,90 Meter, bis dahin war der Olympiazehnte nur 7,74 Meter gesprungen. Der Rekordsprung beflügelte Schrader noch mehr. Im Kugelstoßen verbesserte er sich erneut, stieß mit 14,33 m um 66 Zentimeter weiter als zuvor. "Ich wusste, dass Michael Bestleistungen erreichen würde. Dafür haben wir mächtig trainiert", sagte Torsten Voss.
Der ehemalige Weltklasse-Zehnkämpfer stand noch vor der größten Nervenprobe als Trainer. Denn wie auf Knopfdruck stellten sich bei Schrader im Hochsprungwettkampf heftige Wadenkrämpfe ein. Das Ende des Zehnkampfes schien nah. Doch mit Müh und Not und dank Physiotherapeut Robert Boller (Leverkusen) überwand Schrader erst die Anfangshöhe von 1,88 m im letzten Versuch, dann 1,94 Meter und hielt auch im abschließenden 400-m-Lauf durch. 4341 Punkte nach dem ersten Tag ließen schon auf eine Weltklasseleistung schließen.
Am Sonntag setzte der 1,86 m große, 84 kg schwere Athlet seine Rekordjagd über 110 m Hürden mit 14,20 Sekunden fort. Es folgten 43,09 m im Diskuswerfen und 5 m im Stabhochsprung, ehe Schrader im Speerwerfen und im 1500 m-Lauf neue Bestmarken ablieferte. Am Ende war es ein Zehnkampf wie aus einem Guss, wenn auch mit Krämpfen.