Makerspace — Technikerschmiede auch für Teenies

Im Projekt der Hochschule Niederrhein sollen junge Menschen ganz praktisch für Naturwissenschaften begeistert werden.

Studienabbrecher? Fachkräftemangel? Zu wenig Frauen in den Ingenieurberufen? Ja, auch an der Hochschule Niederrhein sind das bekannte Probleme. Im vor eineinhalb Jahren auf dem Krefelder Campus an der Reinarzstraße eröffneten Makerspace versucht man allerdings eher den theoretischen Berührungsängsten mit Mathe, Chemie und Physik, den Naturwissenschaften im Allgemeinen ganz praktisch zu begegnen: Hier werden Drohnen am Computer entworfen, programmiert und später zusammengebaut — die Einzelteile des Gehäuses schneiden die Studierenden passgenau mit dem Lasercutter aus. Der 3D-Drucker daneben druckt einen dunkelgrünen Blumentopf — noch 23 Stunden und 14 Minuten verbleiben, so steht es auf dem Display.

Grundgedanke des Makerspace sei es, „nicht nur nach Lehrbuch zu programmieren, sondern Dinge auch selbst in die Hand zu nehmen“, erklärt Edwin Naroska, Professor für Technische Informatik an der Hochschule, das Gemeinschaftsprojekt der zwei Fachbereiche Maschinenbau sowie Elektrotechnik und Informatik.

Foto: Andreas Bischof

Von der Nähmaschine über Dreh- und Fräsmaschinen bis zum 3D-Drucker: Im Makerspace haben nicht nur Studierende die Möglichkeit, mit Maschinen und Werkzeugen zu arbeiten, „an die man im Alltag nicht so leicht herankommt“, wie Naroska sagt. Auch 16 Schüler der Gesamtschule Uerdingen sitzen hier einmal wöchentlich konzentriert vor den Laptops, um gemeinsam mit Studierenden an einer Umweltampel zu arbeiten. Das Holzgehäuse hierfür entwerfen sie am Rechner, schneiden die Einzelteile später mit dem Lasercutter millimetergenau aus, programmieren Sensoren und spielen Informationen auf Platinen. „Mechatronik, Elektronik und Informatik greifen hier ineinander“, erklärt Karl-Ludger Schnütgen, Wissenschaftlicher Mitarbeiter.

Karl-Ludger Schnütgen, wissenschaftlicher Mitarbeiter

Wozu das Ganze? Es sei wichtig, für die Naturwissenschaften zu werben, betont Informatik-Professor Naroska: „Wir sind auf kreative Köpfe angewiesen.“ Nur so könne man dem Fachkräftemangel begegnen. Und das offenbar mit wachsendem Erfolg: „Bei uns am Standort Krefeld werden jedes Jahr 550 Ingenieure fertig“, hebt Schnütgen hervor.

Die Gesamtschule Uerdingen ist Mint-Schule, sie legt ihren Fokus auf Fächer aus den Bereichen Mathematik, Informatik, Naturwissenschaft und Technik. „Da liegt es uns am Herzen, dass unsere Schüler von Anfang an auch praktische Erfahrungen sammeln“, sagt Kay Beate Becker, didaktische Leiterin und Lehrerin für Naturwissenschaften an der Gesamtschule — nicht nur während der Projektarbeit, sondern auch im Unterricht.

Als Messgerät könne die im Makerspace entstehende Umweltampel in der Schule etwa den Sauerstoffgehalt am Anfang und am Ende einer Unterrichtsstunde, aber auch Helligkeit, Lautstärke oder — an Schulen besonders wichtig — den Kohlenstoffmonoxidgehalt in der Luft messen. „Über den Spaßfaktor werden wissenschaftliche Grundlagen vermittelt“, fasst Schnütgen zusammen.

Und die Neuntklässler der Gesamtschule Uerdingen sind mit Begeisterung bei der Sache. „Es macht riesigen Spaß zu sehen, dass etwas, das man selber programmiert und zusammengebaut hat, am Ende wirklich funktionier“, sagt der 15-jährige Joshua Bruckmann. Ben Martens ist ein echter Technik-Freak. Deshalb ist der 13-Jährige auch als einziger Siebtklässler bei dem Projekt im Makerspace dabei. „Die Welt wird immer digitaler, deshalb muss der Umgang mit Technik viel mehr gefördert werden“, findet er, „in der Schule haben wir aber nicht unbedingt die technischen Voraussetzungen dafür.“ Zuhause habe er selbst schon eine Ampel und eine Alarmanlage programmiert und gebaut.

Schade findet er, dass sich so wenig seiner Mitschülerinnen für das Projekt begeistert — tatsächlich ist kein einziges Mädchen unter den 16 teilnehmenden Schülern. Für Sandra Breuer, die am Ende ihres Bachelorstudiums der Mechatronik ist, und das Schülerprojekt im Makerspace begleitet, kein ungewohnter Anblick: Zwischen zwei und fünf Prozent der etwa 40 Mechatronik-Studierenden innerhalb eines Semesters seien Frauen, schätzt sie. Im Makerspace ist die 25-Jährige die einzige Frau. Mit den Schülern zusammenzuarbeiten macht ihr Spaß: „Wissen weiterzugeben, ist wichtig. Und das Interesse ist sehr groß, das merkt man sofort“, sagt sie. „Die Jungs sind engagiert und verstehen sehr schnell.“

Das beobachtet Lehrerin Kay Beate Becker nicht nur bei den Jungen, sondern auch bei vielen Mädchen an der Uerdinger Gesamtschule. Gerade bei den Jüngeren werde das Interesse an den Mint-Fächern immer größer. „In der sechsten und siebten Klasse rennen uns die Mädchen die Türen ein.“