Müllentsorgung: Elektro ja — aber noch zu teuer

Wilfried Gossen vom Entsorger GSAK beobachtet Ideen für selbststeuernde Abfuhrfahrzeuge und neue Antriebe. Manches sei unsinnig für Krefeld — oder noch unbezahlbar.

Foto: Dirk Jochmann

In Zeiten, in denen die Elektrolimousine Tesla zum Mars geschickt wird und selbstfahrende Autos von Herstellern schon für 2020 angekündigt werden, ist vieles denkbar. Ganz genau schaut Wilfried Gossen, im sechsten Jahr Chef der Gesellschaft für Stadtreinigung und Abfallwirtschaft Krefeld (GSAK), bei Entwicklungen wie einem selbstfahrenden Müllwagen hin.

In Schweden testet Volvo derzeit in einem Pilotprojekt ein Modell, das sich selbst durch Sensoren und GPS-Technik durch die Straßen lenkt, während der Fahrer sich hinten um die Tonnen kümmert. Der Vorteil laut Volvo: Der Fahrer muss nicht mehr ständig ein- und aussteigen, um die Behälter zu leeren. Die Gefahr von Berufskrankheiten sinke.

„Das ist vielleicht etwas für ländliche Gebiete in einem Land wie Schweden, aber für Krefeld ist das nichts“, gibt Wilfried Gossen diesem System eine Abfuhr. In einer Großstadt könne er sich das auch „in absehbarer Zeit nicht vorstellen - bei dem Verkehr in der Stadt und den vielen parkenden Autos“. Das gilt auch für die Idee der sogenannten Seitenlader, bei denen kein zweiter und dritter Mann auf dem Wagen benötigt wird, weil der Fahrer vom Führerhaus aus einen Kranarm bewegt, der die Tonnen greift. „Auch das funktioniert vielleicht auf dem Land, wo jeder ordentlich seine Tonne an den Straßenrand stellt, aber sonst nicht“, sagt der GSAK-Chef.

Deutlich positiver sieht der 53-Jährige das Thema umweltfreundliche Antriebe für Straßenreinigung und Entsorgung. „Unsere Zielrichtung ist ja: Wir möchten weg von den fossilen Brennstoffen und rein elektrisch oder mit Wasserstoff unterwegs sein, um die Umweltauswirkungen in den Städten nachhaltig zu verringern“, sagt Gossen. Auch wenn es in Krefeld im Gegensatz zu Städten wie Düsseldorf, in denen ein Lkw-Fahrverbot drohe, gut aussehe.

Was die Frage nach emissionsarmen Antrieben angeht, sind die größeren Fahrzeuge allerdings weiter ein Problem. Von vier Hybrid-Drehtrommelwagen, die das Unternehmen 2011 auf Krefelds Straßen brachte, ist nur noch einer zum Abholen der Restmülltonnen in der Stadt unterwegs. Beim Start waren alle begeistert: Deutlich leiser waren sie als ein herkömmlicher Müllwagen. Mit Diesel ging’s ins Einsatzgebiet und dann elektrisch weiter, bei jedem Anhalten wurden die Speicher mit Bremsenergie gefüttert. Das bedeutete einen um ein Drittel geringeren Dieselverbrauch.

„Das war für die Mitarbeiter und die Umwelt sowohl bei den Lärmemissionen als auch bei den Abgasen schon sehr gut“, bilanziert Gossen. „Aber die Fahrzeuge sind sehr häufig ausgefallen, weil die sehr komplexe Technik immer wieder gestört war.“ Verlässlichkeit und Kosten, die im Rahmen bleiben, weil sie bei einer städtischen Tochter letzten Endes der Bürger trägt, seien die zwei wichtigsten Punkte bei der E-Frage, sagt Gossen.

Bei beidem hakt es allerdings derzeit noch. So gebe es auf dem Markt zwar bereits für Abfallentsorgung und Straßenreinigung bis zu einer mittleren Größe elektrisch verfügbare Wagen. „Aber bisher ist noch keine Batterietechnik so weit, dass die großen Kehrmaschinen zum Beispiel eine ganze Schicht schaffen, ohne zwischendurch länger aufgeladen werden zu müssen“, sagt Gossen. Während die kleineren E-Fahrzeuge, die schon in Krefeld im Einsatz sind (siehe Kasten), preislich fast mit den Herkömmlichen gleich lägen, seien die mittleren und großen Spezialfahrzeuge trotz Fördergeld „immer noch zu teuer“.

Das gilt auch für einen neuen großen Abfallsammler, dessen Entwicklung Gossen spannend findet. Ein Prototyp soll im Mai auf der Ifat, der Leitmesse für Wasser-, Abwasser-, Abfall- und Rohstoffwirtschaft in München, vorgestellt werden. Er läuft mit Brennstoffzellen — und wird voraussichtlich dreimal so teuer sein wie ein konventioneller Müllwagen, der mindestens 200 000 Euro kostet. Gossen will sich bemühen, in ein Förderprojekt zu kommen. Denkbar sei auch, sich die Kosten und den Wagen zu teilen, um ihn in der Praxis auszuprobieren.

Mehrere Jahre werde sich der Prototyp vermutlich im Betrieb bewähren müssen, bevor er in Serie geht. Noch sei auch die Wasserstoffversorgung zu klären. Tankstellen gibt es in Krefeld bisher keine. Was die Elektrovariante angeht, werde es voraussichtlich noch zehn bis 20 Jahre dauern, bis die Batterie- und Ladetechnik soweit sei, dass man Müllfahrzeuge während der Pause an der Abfallsammelstelle voll aufgeladen bekäme, sagt Gossen - „nach dem, was ich so von Technikern und Kfz-Experten höre“. Aber bei allem sieht der GSAK-Chef als wichtige Strategie: „Wir wollen in Krefeld bei der Entwicklung vorne mit dabei sein und nicht abwarten.“