Tierquälerei Nach Misshandlung: Jack Russel Bruno ist ein Opfer des Verfahrens

Wegen Misshandlung kam das Tier ins Tierheim, nach zwei Jahren ist aber noch nicht geklärt, ob er zu seiner Halterin zurück muss.

Foto: Dirk Jochmann

Krefeld. Bruno ist gar nicht begeistert. Mit eingeklemmtem Schwanz und im Rückwärtsgang versucht der Jack Russel, den Besuchern im Tierheim auszuweichen. Kein Leckerli, kein gutes Zureden hilft. Alles um es herum ist dem ängstlichen, verstörten Tier ungeheuer. Munter und zielstrebig geht es nur in eine Richtung: nach Hause. Flünnertzdyk 190, Erdgeschoss, Käfig mit Auslauf.

Bruno sitzt seit April 2014 im Tierheim hinter Gittern — zu seinem eigenen Schutz und aufgrund einer richterlichen Entscheidung. Der Terrier ist misshandelt, offenbar mit Bierflaschen traktiert worden. Die Halterin wurde angeklagt, doch zum ersten Prozesstermin im Juli 2015 erschien sie nicht. Da lebte Bruno bereits seit mehr als einem Jahr im Tierheim.

Tierheimleiter Frank Schankat telefonierte, appellierte, wandte sich an die Staatsanwaltschaft und erhielt Ende 2015 endlich die Freigabe: Bruno darf jetzt theoretisch in eine Pflegestelle. „Aber das ist ein Problemhund“, sagt Schankat. „Er hat einen ausgeprägten Fluchtinstinkt und ist kaum vermittelbar.“

Nicht nur das macht es schwierig. Die meisten Pflegestellen wollten die Tiere übernehmen, erzählt Schankat. Im Fall von Bruno habe das Gericht aber eben noch nicht entschieden, ob er seiner Halterin zurückgegeben wird.

Und so ist das Tierheim Brunos Zuhause. „Da fühlt er sich sicher, da geht es ihm gut“, sagt Michael Poscharsky. Der Senior bringt sehr viel Geduld und Zeit für den Jack Russell auf, der „vollkommen durch den Wind“ war, als er ihn kennenlernte. Täglich drehen die beiden ihre Runden, aber „Familienanschluss“ will Bruno nicht. Poscharsky: „Bruno ist wahnsinnig ängstlich, aber er schnappt und er beißt nicht.“

„Wir leben in einem Rechtsstaat, und Hunde werden in Gerichtsverfahren nicht als Lebewesen, sondern als Sache behandelt“, skizziert Dietmar Beckmann, der Vorsitzende des Tierschutzvereins, das Problem. Theoretisch könne sich ein Verfahren durch mehrere Instanzen ziehen. Die Tiere litten darunter. „Solange der Fall nicht zur Staatsanwaltschaft geht, werden wir die Tiere los“, sagen Schankat und Beckmann. Aber Gerichtsverfahren machten das Prozedere langwierig. Immerhin: Einen der zuletzt beschlagnahmten Hunde haben die Tierschützer schnell privat unterbringen können. „Herkules“ haben die Tierpfleger den Chihuahua genannt, ausgerechnet.

Im August 2015 wurde das misshandelte Tier von der Polizei am Flünnertzdyk abgegeben, Mitte Februar war es vermittelt. Diese Pflegestelle ist Herkules’ Rettung. Er braucht aufgrund seiner Arthrose und Beschwerden an der Lendenwirbelsäule regelmäßig Medikamente und Pflege. „Der ist eine Baustelle“, sagt Schankat salopp. „Aber Mensch und Tier, das passt hier.“

Auch der Berner-Senner-Mischling Shila hatte Glück. Todkrank wurde Shila ausgesetzt und an einen Baum gebunden, mit massiven Hautentzündungen und Polypen. „Den Hund haben wir super hingekriegt“, sagt Schankat, „und eine sehr schöne Pflegestelle gefunden.“ Da darf Shila bleiben. Mitte November 2015, nach wenigen Monaten, wurde das Verfahren gegen den Halter eingestellt.

So weit ist Bruno nach zwei Jahren nicht. Ganz hoffnungslos ist eine Vermittlung dennoch nicht, allerdings passt er nicht in einen normalen Familienbetrieb. „Der muss in einen Haushalt, der doppelt gesichert ist“, sagt Poscharsky, „sonst ist er weg.“ Womit kann man dem schüchternen Tier eine Freude machen? „Auto fährt er gerne“, weiß sein ehrenamtlicher Betreuer, aber eine fremde Umgebung mag er ebenso wenig wie einen Sonntagsspaziergang im Bruch. „Da ist zu viel los.“