Navi-Diebstähle in Krefeld nehmen rasant zu
Im ersten Halbjahr wurden dreimal so viele Geräte gestohlen wie im Vorjahreszeitraum.
Krefeld. Es dauert noch nicht einmal eine Minute: Seitenscheibe einschlagen, Werkzeug ansetzen — und mit ein paar geschulten Handgriffen ist das Navigationsgerät ausgebaut. Autoaufbrecher schlagen derzeit in Krefeld so häufig zu wie nie zuvor: Im ersten Halbjahr registrierte die Polizei 130 Fälle, in denen fest eingebaute Navigationsgeräte gestohlen wurden. In den ersten sechs Monaten des Vorjahres waren es gerade mal 44 — die Zahl hat sich mehr als verdreifacht. Bitter für manche Opfer: An ihren Autos schlugen die Täter sogar ein zweites oder drittes Mal zu.
Andreas Broekmans steht in der sechsten Etage des Polizeipräsidiums vor einer Stadtkarte, in denen etliche Stecknadeln mit farbigen Köpfen stecken. Jede zeigt den Ort einer Tat, die Farbe signalisiert den Wochentag, an dem sie geschah. Der Kriminalhauptkommissar zeigt auf die Krefelder Nordhälfte: Bockum, Verberg, Traar, Kliedbruch oder Hüls — dort stecken besonders viele Nadeln. „Die Tätergruppen bevorzugen ruhige Wohngegenden mit gut situierten Bewohnern“, sagt der Ermittler, auf dessen Schreibtisch jeder Pkw-Aufbruch landet. Im Innenstadtbereich ist nicht eine Nadel in der Karte zu sehen — dort finden die Diebe offenbar nicht, was sie suchen.
Vermutlich sind es osteuropäische, aber auch niederländische Banden, die mit den Navigationsgeräten das große Geld machen. „Genau wissen wir es nicht, weil wir bisher keine Tätergruppe festnehmen konnten“, sagt Kommissariatsleiterin Beate Nacken. Waren es früher überwiegend Hersteller wie BMW und Mercedes, deren Modelle vorzugsweise aufgebrochen wurden, so werden in diesem Jahr zu 95 Prozent Fahrzeuge von VW heimgesucht. Das Ziel der Kriminellen: Die Radio-/Navi-Kombi namens „RNS 510“. „Das Gerät kostet neu rund 2800 Euro. Bei Ebay verkauft er sich für 700 bis 1000 Euro“, sagt Broekmans.
Ein ordentlicher Gewinn, der da pro aufgebrochenem Fahrzeug eingestrichen werden kann. Deshalb sind die Täter auch darauf bedacht, die Geräte unbeschadet auszubauen und gehen dabei sehr fachmännisch vor. Sie haben wohl auch die Möglichkeit, die Geräte neu zu programmieren und damit den Diebstahlschutz auszuhebeln. Echte Profis also — auf mobile Navis hätten es eher Gelegenheitstäter oder Drogenabhängige abgesehen.
Offensichtlich gebe es gute Absatzmärkte für die teuren Einbaugeräte, sagt Broekmans. Sie werden auch übers Internetauktionshaus verkauft. Hier führten die Ermittlungen bisher aber stets ins Leere. Auch andere Behörden versuchen, die Täter zu fassen. Denn die hohe Zahl der Navi-Diebstähle sei kein Krefelder Problem, betont der Kripo-Mann, der von einem „gravierenden Anstieg“ spricht: „Die Zahlen sind landesweit hochgegangen.“
Dass die Tatzeit meist zwischen 1.30 und 4 Uhr liegt und die Stadt genau in dieser Zeit jetzt die Straßenbeleuchtung abschaltet, sieht Broekmans nicht als Problem an: „Die Täter streifen mit Taschenlampen durch die Wohngebiete — egal, ob die Laternen ein- oder ausgeschaltet sind.“ Und sie sind bisweilen ziemlich dreist: „Sie wissen, dass sich ein bestohlener Autofahrer in der Regel das Gerät neu einbauen lässt.“ Und dann kommen sie wieder und schlagen noch mal zu. „Wir haben mehrere Fälle, wo die Täter zwei- oder dreimal das gleiche Fahrzeug ausgewählt haben“, sagt der Kriminalhauptkommissar. Jedesmal hinterlassen sie am Fahrzeug einen enormen Schaden.
Die Polizei ist verstärkt mit zivilen Einsatzkräften unterwegs, um die Navi-Diebe zu fassen. Die schlagen bei einem Raubzug mehrfach in einer Nacht zu. „Anschließend ist wieder ein paar Tage Ruhe“, so Broekmans. Die Polizei sei auf Hinweise aus der Bevölkerung angewiesen. „Wer ungewöhnliche Geräusche wahrnimmt oder Personen sieht, sollte uns unter 110 anrufen. Jeder Anruf ist wichtig. Wir kommen lieber einmal zuviel“, so Polizeisprecher Dietmar Greger.