Krefeld Politiker geschockt über Behandlung junger Flüchtlinge
Krefeld. Die Sitzung des Jugendhilfeausschusses verlief am Mittwoch bis zum letzten Tagesordnungspunkt harmonisch, Konflikte gab es nicht, keine großen Diskussionen. Doch dann ergriff Caroline Frank-Djabbarpour vom SKM im Auftrag der Wohlfahrtsverbände und freier Träger das Wort und beklagte den Umgang der Krefelder Ausländerbehörde mit unbegleiteten minderjährigen Flüchtlingen.
Frank-Djabbarpour berichtet von zahlreichen Missständen, von sehr kurzfristigen Abschiebungsandrohungen, von Duldungen für einen Zeitraum von nur drei bis vier Wochen, obwohl längere Zeitspannen möglich wären, und von Altersfeststellungsverfahren, in denen die Jugendlichen in Münster unter anderen in Unterwäsche fotografiert werden.
Gut integrierte Jugendliche, sagt Caroline Frank-Djabbarpour, erhielten trotz Arbeitsangebot keine Arbeitserlaubnis. Nach einem Protestschreiben an Oberbürgermeister Meyer am 1. September wurde eine Prüfung zugesagt, aber ein Ergebnis läge bis heute nicht vor. Die Ausschussmitglieder waren sichtlich geschockt. Vorsitzende Ina Spanier-Oppermann: „Man findet keine Worte.“ Die fanden andere Mitglieder teils sehr deutlich. „Einfach nur hilflos“ fühlte sich der Bürger Robert Suhrke, und Helmut Frost (SPD) bezeichnete die Situation als „unhaltbaren Zustand“ und „Skandal“. Anja Cäsar (Grüne) befand: „Human ist das nicht.“ Frederik Koch vom Jugendbeirat bezeichnete die Maßnahmen der Ausländerbehörde als „eine Frechheit“.
Nach einem Appell von Michaela Calabrese-Lewicki (Linke) an die Mitglieder des Jugendhilfeausschusses sich der moralischen Verantwortung stellen sollten, machte Karin Meincke (CDU) darauf aufmerksam, dass unter dem Tagesordnungspunkt „Nachfragen“ keine Abstimmungen möglich seien. Daraufhin schlug Ina Spanier-Oppermann vor, in einem Appell an den Oberbürgermeister die Betroffenheit des Ausschusses zum Ausdruck zu bringen.
Der Flüchtlingsrat begrüßte in einer aktuellen Stellungnahme die Ankündigung des Krefelder Oberbürgermeisters, die Turnhallen Glockenspitz, Lübecker Weg und Lindenstraße als Flüchtlingsunterkünfte bis Ende November zu räumen. „Wir hoffen, dass die betroffenen Flüchtlinge nun bald alle in dezentralen Wohnungen umziehen können und nicht den fensterlosen Traglufthallen in Traar oder Hüls zugewiesen werden“, sagt Christoph Bönders vom Vorstand des Flüchtlingsrats.
Viele der noch in den Turnhallen lebenden Menschen seien junge, alleinreisende Männer, die besondere psycho-soziale Hilfen benötigten. Auch der Flüchtlingsrat hatte von den Missständen gehört und nimmt vorsichtig Stellung: Nach Auffassung von Paten und Betreuungsorganisationen werden humane Standards und Bestimmungen der Kinder- und Jugendhilfe häufig in restriktiver Auslegung der Gesetze bei der Prüfung des Aufenthaltes außer Acht gelassen.