Textildiscounter Primark-Chef Krogmann: Krefeld ist strategisch wichtig
Generaldirektor verteidigt sein Unternehmen gegen Billig-Kritik.
Krefeld. 2014 Krefeld, ganz aktuell Wuppertal, der irische Textilsupermarkt Primark erobert deutsche Innenstädte. Kritiker werfen Primark vor, Einwegtextilien zu verkaufen. Sie prangern die Umstände an, unter denen die Waren überwiegend in China, Indien und Bangladesh hergestellt werden. Im Gespräch mit der Westdeutschen Zeitung verteidigt Primarks Generaldirektor für Deutschland und Österreich, Wolfgang Krogmann (60), das Unternehmen, spricht über Ethik und einen Verhaltenskodex, den Primark von der Konkurrenz unterscheidet.
Herr Krogmann, vor zwei Jahren haben Sie im Herzen Krefelds eine große Filiale eröffnet. Welche strategische Rolle spielt der Standort?
Wolfgang Krogmann: Unser Store in Krefeld war der 15. Store von Primark in Deutschland, wir haben ihn fünf Jahre nach unserem ersten deutschen Store eröffnet. Durch ihn erreichten wir zum ersten Mal unsere Kunden in der nördlichen Region des Niederrheins. Wir freuen uns sehr darüber, dass wir von der Bevölkerung in Krefeld eine so positive Resonanz erlebt haben. Wir sind zuversichtlich, dass unsere Kunden noch lange Freude am Einkaufserlebnis haben werden, das wir bieten.
Dabei schöpfen Sie nur gut zwei Drittel der angemieteten 10 700 Quadratmeter aus. Gibt es Pläne zur Erweiterung?
Krogmann: Unser Laden in Krefeld rangiert größentechnisch im deutschen Mittelfeld und bietet die neuesten Trends im Bereich Mode für Frauen, Männer und Kinder einschließlich Schuhen, Accessoires, Unterwäsche und Haushaltsartikel. Leider können wir jedoch nichts zu eventuellen Expansionsplänen sagen.
Die Ankündigung, dass Primark jetzt auch nach Wuppertal kommt, hat nicht nur helle Freude ausgelöst. Ihr Unternehmen steht in der Kritik. Es ist von Einwegklamotten die Rede, die unter schlechten Bedingungen hergestellt werden.
Krogmann: Die das sagen, haben mit uns nie gesprochen. Sonst wüssten sie, dass unser Geschäftsmodell ist, vernünftige Qualität zu einem guten Preis anzubieten — hergestellt unter guten Bedingungen.
Und wie machen Sie das?
Krogmann: Wir sind ein sehr schlank organisiertes Unternehmen. Dadurch können wir es uns leisten, den Verkaufspreis niedriger zu kalkulieren. Wir schalten auch fast keine Werbung und haben eine niedrigere Marge als andere. Der Umsatz entsteht dann über die Menge, die wir absetzen können.
Also nicht einfach nur billig?
Krogmann: Nein. In 98 Prozent der Fabriken, in denen wir produzieren lassen, werden auch Textilien unserer Konkurrenz hergestellt — auch teure Marken. Unser Geschäftsmodell beruht darauf, dass wir einige simple Dinge anders machen als andere Händler. Wir kalkulieren einfach anders.
Wo stehen denn die Fabriken, in denen Sie arbeiten lassen?
Krogmann: Wir haben Partner in China, Indien und Bangladesch, aber auch in Rumänien und der Türkei. Sie können nicht in jedem Land jedes Produkt herstellen lassen. Das hängt auch mit den jeweilig benötigten Ressourcen zusammen.
Und wie ist es mit den Arbeitsbedingungen? Im Zusammenhang mit Primark fällt immer wieder auch der wenig schöne Begriff der Bluttextilien.
Krogmann: Das können nur Leute sagen, die noch nie in den Fabriken waren, in denen wir produzieren lassen. In den Betrieben wird nach einem Verhaltenskodex gearbeitet. Diesen Kodex haben wir unter anderem mit Gewerkschaften und Non-Profit-Organisationen entwickelt.
Und prüfen Sie auch, ob sich jemand daran hält?
Krogmann: Das tun wir. Allein im vergangenen Geschäftsjahr hat es 2600 Kontrollen gegeben.
Was geschieht bei Verstößen?
Krogmann: Grundsätzlich sind wir an langfristiger Zusammenarbeit mit den Produzenten interessiert. Wer aber dauerhaft gegen den Kodex verstößt, von dem trennen wir uns.
War Primark nicht auch vom Einsturz des Rana Plaza-Gebäudes vor drei Jahren in Dhaka betroffen?
Krogmann: Ja. Und wir waren auch die Ersten, die vor Ort waren, um Hilfe zu leisten. Mehr als 28 Marken arbeiteten mit Fabriken in Rana Plaza. Den Familien der Opfer haben wir den Lohn für sechs Monate ausbezahlt und langfristige Entschädigungen an die 672 Arbeiter, die für unseren Zulieferer tätig waren, und deren Angehörige. Außerdem beschäftigen wir seither einen Statiker, der die Gebäudesicherheit der Fabriken prüft, die für uns arbeiten wollen. So etwas darf sich nicht wiederholen.
Sie reden von Kodex und Ethik, gleichzeitig verkaufen Sie Waren, die Menschen in Fernost mit ihrer Hände Arbeit hergestellt haben, in Deutschland als Einwegmode zu Schleuderpreisen.
Krogmann: Unsere Ware wird nicht gemacht, um sie wegzuwerfen. So etwas zu behaupten, ist Kunden gegenüber ungerecht, die nicht so viel Geld haben, Studenten, Jugendliche, Auszubildende zum Beispiel. Die kaufen bei uns, um die Anziehsachen länger zu tragen. Unsere Qualität ist darauf ausgelegt. Und die Textilien gehen in die Wiederverwertung wie etwa über Second-Hand-Läden.
In seiner Rede vor der Industrie- und Handelskammer Wuppertal hat Bischof Woelki Primark Anfang dieses Jahres des rücksichtlosen Manchester-Kapitalismus beschuldigt. Haben Sie dem Bischof das auch alles so erklärt?
Krogmann: Direkt leider nicht, aber einem seiner Vertreter. Und ich hatte den Eindruck, dass wir dort auf positive Resonanz gestoßen sind. Die Fragen sind doch allesamt berechtigt. Und wir können Sie beantworten. Wer aber bei uns nach Fehlern sucht, der sollte das bitte auch einmal bei anderen machen. In den von uns beauftragten Fabriken werden nicht nur unsere Produkte erzeugt. Und ein niedriger Preis bedeutet nicht, dass Produktionsbedingungen schlecht sind. Wir nehmen unsere Verantwortung ernst.