Protest der Wehrleute gegen Zahlsperre
Weil ihnen Überstunden nicht ausgezahlt werden, zogen die Beamten vors Rathaus.
Krefeld. Eine Sirene heult, es wird auf Pfeifen getrillert, und selbst ein Einsatzhorn hallt lautstark über den Von-der-Leyen-Platz. Die, die hier so viel Lärm machen, sind sonst eher still, wenn es um ihre Arbeit geht. Sie retten Menschen, löschen Brände, helfen bei Verkehrsunfällen — und reden nicht groß darüber. Am Mittwoch war das anders: Rund 300 000 Überstunden haben die Berufsfeuerwehrleute, die sich vor dem Rathaus versammelt haben, zwischen den Jahren 2002 und 2006 geleistet — und die sollen sie weder abfeiern können noch ausgezahlt bekommen. Weil die Stadtverwaltung sagt, dies sei nicht rechtens. Deshalb sind die Beamten am Mittwoch auf die Straße gegangen, um erst eine Stunde lang vor und dann gut eineinhalb Stunden im Rathaus bei der Sitzung des Verwaltungsausschusses zu protestieren.
Stadtdirektorin Beate Zielke, gegen die sich insbesondere der Zorn der deutlich über 100 erschienenen Wehrleute — auch Duisburger und Mönchengladbacher sind darunter — richtet, trägt den lautstarken Protest mit Fassung: „Ich habe mich den Beschäftigten auch schon bei einer Personalversammlung gestellt. Aber die Rechtslage ist eindeutig“, sagt sie. Das sieht Georg Hermsen, Vorsitzender des Krefelder Ortsverbandes der Gewerkschaft Komba, anders. Zwar habe das Bundesverwaltungsgericht entschieden, die Wehrleute hätten frühzeitig Anträge auf Vergütung der Überstunden stellen müssen. Doch laut Europäischem Gerichtshof seien genau solche Anträge nicht erforderlich.
In der Sitzung des Verwaltungsausschusses, die die zahlreichen Wehrleute in zwei Sälen und auf dem Flur verfolgen, wird dieses Dilemma noch einmal ausgiebig diskutiert. Die Stadt sieht sich aber an die höchstrichterliche Entscheidung aus Leipzig gebunden — bis es eine anderslautende gibt. Auch die Frage, ob Ansprüche nicht längst verjährt seien, wird diskutiert: „Das sind sie nämlich nach drei Jahren“, sagt FDP-Fraktionschef Joachim C. Heitmann. „Moral verjährt nicht“, meint dazu Ralf Krings (UWG).
Eine moralische Verantwortung erkennen auch Hans Butzen (SPD) und Stefani Mälzer (Grüne), die die Stadtdirektorin auffordern, sich mit den Personalvertretern an einen Tisch zu setzen, um eine Lösung zu finden. „Wir haben die Mehrarbeit in Dienstplänen angeordnet. Dass dies rechtswidrig war, wissen wir erst aus einem Urteil des EU-Gerichtshofs“, sagt Hans Butzen. Es wäre die Pflicht der Stadt gewesen, ihre Mitarbeiter zu informieren, als bereits 2002 absehbar war, dass die geleistete 54-Stunden-Woche nicht erlaubt und die Höchstarbeitszeit mit 48 Stunden festgesetzt wurde. CDU-Fraktionschef Wilfrid Fabel warnt vor falschen Hoffnungen durch Gespräche zwischen Verwaltungsspitze und Personal: „Wenn die anhängigen Verfahren zugunsten der Wehrleute entschieden werden, dann sind die Ansprüche ja in jedem Fall gesichert.“