Kurzzeit-Radweg in Krefeld Frust bei den Autofahrern, Freude bei den Radfahrern

Krefeld · Der Kurzzeit-Radweg auf der St. Anton-Straße wird kaum genutzt, polarisiert aber die Verkehrsteilnehmer.

 Der Pop-Up-Radweg an der St.-Anton-Straße bleibt noch weitere fünf Wochen.

Der Pop-Up-Radweg an der St.-Anton-Straße bleibt noch weitere fünf Wochen.

Foto: Jochmann, Dirk (dj)

Die Ampel springt auf Grün, doch Monika Giesen kommt nicht von der Stelle. Das geht schon eine ganze Weile so auf diesem Stück der St.-Anton-Straße an diesem Dienstagmittag. Auto an Auto reiht sich auf der Hauptverkehrsstraße in Richtung Stadtmitte ein, etwas entspannter sieht es nur auf der Gegenfahrbahn in Richtung St. Tönis aus. „Es ist katastrophal“, sagt die Frau am Steuer. Ich werde kein zweites Mal hier entlangfahren.“ Auf den Kreuzungen wird von Zeit zu Zeit gehupt. Einbieger müssen warten oder nehmen sich einfach die Vorfahrt. Man steht sich nun irgendwie gegenseitig im Weg.

Ein Stau mitten in Krefelds Innenstadt, das ist schon zu Stoßzeiten keine schöne Sache und auch keine Seltenheit. Seit einer Woche aber nehmen Auto-, Bahn- und Radfahrer auf dem Stück zwischen Westwall und Ostwall eher unfreiwillig an einem Versuchsprojekt teil. Ein Radweg wurde kurzerhand auf die Fahrbahn verlegt. Warnbaken und eine dicke, gelbe Markierung auf dem Asphalt ziehen nun eine unübersehbare Grenze. Der motorisierte Verkehr dagegen wird auf eine Spur pro Fahrtrichtung zurückgedrängt. Es ist ein Provisorium, ein kurzfristig eingerichteter Radweg, ein Testballon in der Verkehrspolitik.

 Christos Pigaris fühlt sich auf dem neuen Radweg sicher.

Christos Pigaris fühlt sich auf dem neuen Radweg sicher.

Foto: Jochmann, Dirk (dj)

Aus Sicht von Grünen, die den Antrag im Rat gestellt hatten, eben kein „Aktionismus“, sondern ein wertvolles Projekt, um Erfahrungswerte zu sammeln. Die Verwaltung stimmte einer Prüfung zu. Die St.-Anton-Straße – sie ist seitdem ein Nadelöhr geworden. Sie wird es noch fünf weitere Wochen sein.

 Michael Groddeck ärgert sich über den Rückstau.

Michael Groddeck ärgert sich über den Rückstau.

Foto: Jochmann, Dirk (dj)

Rad- und Autofahrer nun also Seit‘ an Seit‘, aber doch irgendwie unversöhnt nebeneinander. Die Warnbaken, die gelbe Markierung, die die bisherige Verkehrsführung außer Kraft setzt, sie bilden auf den 500 Metern Straße die Grenze zwischen den Lagern und Gemütern. Frust hier, Freude bei den Anderen. „Ich hätte es besser gefunden, man hätte den Radweg mit dem Bürgersteig geteilt“, sagt Monika Giesen, ehe sie dann doch losrollen darf. Ein paar Meter geht es zumindest, dann ist wieder Halt. Nichts geht mehr, wenn die Ampel rot ist.

Rettungswagen hätten es schwer, denn eine Gasse kann so leicht nicht gebildet werden. Es sei denn, man würde die Warnbaken überfahren oder auf die Gegenfahrbahn ausweichen  — wenn diese zufällig frei ist. Leute in der Bahn müssen sich zunehmend gedulden, mitunter verpassen sie eine Anschlussverbindung. Man steht nun deutlich länger als sonst auf der St.-Anton-Straße.

Michael Groddeck ist eigentlich kein Fahrrad-Gegner. Der Mann aus Forstwald steigt gerne auf sein Rad, diesmal aber sitzt er im Auto. Doch selbst Leute wie ihn, die gerne im Sattel sitzen und damit in die Stadt fahren, verärgert der Kurzzeit-Radweg. „Ich meide als Radfahrer die St.-Anton-Straße“, sagt er: „Ich habe jetzt fünf Minuten gestanden für einen Meter. Das ist hier ein Schildbürgerstreich. Auf einer Hauptverkehrsstraße ist das keine gute Idee. Zudem ist es ja auch nur ein sehr kurzes Stück.“ Während die Autos, Lastwagen und Straßenbahnen dicht gedrängt im Stau stehen, ist der Radweg fast leer. Christos Pigaris ist einer der wenigen Radfahrer, die am Dienstagmittag dort vorbeifahren, auf dem Weg zu seiner Kanzlei am Stadtgarten. Der Fachanwalt für Verkehrsrecht lobt die Idee und Umsetzung des Radweges: „Er bringt mehr Sicherheit“, sagt er. Man fahre nun nicht mehr so eng an den Autos vorbei. Überhaupt ist er angetan von alternativen Fortbewegungsmöglichkeiten in der Stadt: „Die Krefelder Promenade ist eine kluge Idee“, findet Pigaris.

Auch der Hülser Kurt Weymanns ist auf dem Streifen unterwegs. Auch er schätzt den Abstand zu den Autos und Lastwagen: „Man kommt sich nicht mehr so nah, das ist schön. Das ist das, was ich mir wünsche. In der Stadt ist man mit dem Rad sowieso schneller unterwegs als mit dem Auto. Man kann es auch besser abstellen.“ Die Ampel schaltet auf grünes Licht, die Motoren brummen auf und rollen los. Ein kurzer Moment des Fortschritts für die Autofahrer. Die Radfahrer haben ihren schon erlebt – nebenan.