Stadtplanung Samtweberei berauscht mit Dynamik
Das Projekt in der alten Fabrik gewinnt überraschend schnell an Konturen.
Krefeld. „Als Erstes aber“, versprach Henry Beierlorzer vor fast genau einem Jahr, „werden die dicken Eisengitter im Hochparterre des Pionierhauses abgeflext. Damit jeder sehen kann, dass wieder Leben eingekehrt ist.“ Und wie es heute lebt. Der Geschäftsführer der Urbanen Nachbarschaft Samtweberei (UNS) verweist stolz darauf, dass der jüngste Teil des Gebäudeensembles an der Tannen-/Lewerentzstraße vermietet sei. Die Eisengitter sind verschwunden.
Rund 50 Besucher staunen am vergangenen Wochenende über das Tempo, mit dem der seit sieben Jahren leerstehende Komplex revitalisiert wurde. Erst im Februar 2014 hatte der Stadtrat den Zustimmungsbeschluss gefasst. Auf den rund 1000 Quadratmetern Nutzfläche haben sich inzwischen 25 Unternehmen angesiedelt. 60 Büroarbeitsplätze sind entstanden. 60 Prozent davon werden regelbesteuert, 30 Prozent sind Kleinstunternehmen. Der Rest beherbergt das Projektbüro.
Und der 57-jährige Architekt und Stadtplaner Beierlorzer ist schon beim nächsten und übernächsten Schritt. Im Torhaus sollen auf mehr als 600 Quadratmetern Büros für stadtteilbezogene Unternehmen geschaffen werden. Die Miete wird rund sechs Euro je Quadratmeter betragen. Wie im Pionierhaus wird von künftigen Mietern gemeinwohlbezogene Arbeit verlangt.
Besondere Attraktionen darin: ein „Nachbarschaftswohnzimmer“ als Begegnungsstätte für das Viertel sowie ein Café/Bistro/Laden als integrativer Betrieb im Erdgeschoss mit einem Außenbereich zum Innenhof. Dazu hat UNS eine Kooperationsvereinbarung mit der Krefelder Lebenshilfe geschlossen.
In den beiden denkmalgeschützten Backsteingebäuden werden voraussichtlich auf einer Nutzfläche von knapp 3000 Quadratmetern 35 Wohnungen, Apartments und kleinere Büros entstehen. 30 Wohnungen sind bereits verbindlich reserviert. Konzepte dafür wurden in mehreren Planungswerkstätten mit den potenziellen Mietern erarbeitet. Rund 5,4 Millionen Euro will die Bonner Montag-Stiftung hier investieren. Die Wohnungen sind teils frei, teils gefördert finanziert. Die Mieten sollen per Quadratmeter zwischen 5,25 und acht Euro liegen.
Im Herbst sollen auch die Umbauarbeiten der 5000 Quadratmeter großen Shedhallen im südlichen Bereich beginnen. Eine Fläche, fast so groß wie ein Fußballfeld. Die Kosten werden mit rund einer Million Euro kalkuliert. Neben Stellplätzen für die Fahrzeuge der Bewohner und Mieter soll „überdachter Freiraum“ für die soziale Infrastruktur und die Gemeinschaft entstehen. Denkbar, so Henry Beierlorzer, sei auch, „einzelne Dachelemente herauszunehmen und Grünflächen zu schaffen“.
Bis 2019, so plant die Stiftung als Initiator des Projekts in enger Zusammenarbeit mit der Stadt, sollen in der um 1880 gegründeten Samtweberei 140 Menschen leben und arbeiten. Bis dahin sollen aus den Vermietungen dann Gewinne in Höhe von jährlich 60 000 Euro erzielt werden. Diese sollen in die Stadtteilarbeit des Samtweberviertels fließen.