Schüler entdecken Spielräume
Das Festival Staunzeit führt Laien und Profis zusammen. Die WZ besuchte die Proben zu „J’accuse — Die chinesische Mauer“.
Krefeld. Auf einem Thron aus roten Pappkartons sitzt der Kaiser von China. Kleopatra hat sich auf seinem Schoß niedergelassen. Dass die beiden aus ganz unterschiedlichen Epochen stammen, ist Teil des Stücks, das gestern beim Festival Staunzeit in der Fabrik Heeder gezeigt wurde. „J’accuse — Die chinesische Mauer“ ist nach Max Frischs Drama „Die chinesische Mauer“ entstanden.
34 Schüler der Freien Waldorfschule haben über Monate mit dem jungen Theaterpädagogen Elias Ordelmans an der Inszenierung gearbeitet und ihr einen eigenen Charakter verliehen. „Elias hat das Stück vorgeschlagen. Wir fanden es nicht schlecht und haben während der Proben noch relativ viel verändert“, erzählt der 14-jährige Jonas Schlag, der gestern schon einige Zeit früher in die Fabrik Heeder gekommen ist, um beim Aufbau zu helfen. Auch Laris Maas (14) ist eher da, um „Elias unter die Arme zu greifen“.
Mit dem 25-Jährigen haben die Schüler von Beginn an zusammengearbeitet — ganz zur Freude aller Beteiligten. „Ohne ihn wäre heute wohl keiner freiwillig früher gekommen“, sagt Laris. „Die Arbeit mit Elias ist cool, er versteht, was wir wollen, weil er auch noch jung ist und dadurch näher an uns dran.“
Dass es mit Lehrern nicht immer einfach ist, ein Stück einzustudieren, weiß Elias Ordelmans aus eigener Erfahrung. Er war selbst Schüler der Waldorfschule: „Ich kann mich noch erinnern, dass früher viel mit Druck gearbeitet wurde. Wir Schüler hatten wenig Handlungsspielraum.“
An der Waldorfschule ist es üblich, in der achten und der zwölften Klasse ein Stück zu inszenieren. Dieses Jahr ist zum ersten Mal kein Lehrer dabei. „Zu Anfang haben mir die Lehrer angeboten, dazubleiben und für Ruhe zu sorgen“, sagt Ordelmans. „Doch das war nicht nötig.“ Nun seien die Lehrer ganz begeistert von der Entwicklung der Schüler.
„Ich fand es einfach spannend, mit einer ganzen Klasse zusammenzuarbeiten und jeden miteinzubeziehen. Mir war es wichtig, dass jeder auf der Bühne steht“, sagt Ordelmans, der selbst auch Theater spielt. Es sei wichtig, dass die Darsteller etwas erarbeiten und nicht einfach nur den Text vorgesetzt bekämen. „Der Prozess ist wichtiger als das Produkt, das am Ende herauskommt.“ Das gilt für das gesamte Festival Staunzeit, das Schüler mit Profis zusammenbringen will.
Das Stück der Waldorfschüler beinhaltet am Ende auf ihren Wunsch einige witzige Szenen, zum Beispiel einen Tanz aus dem Disney-Film „Highschool Musical“. Die Schüler sind begeistert und wollen weitermachen. So wie Laris: „Ich möchte auf jeden Fall weiterspielen. Ich finde es toll, dass man keine Angst zu haben braucht und einfach mal sein kann, wer man sein will.“