Gesundheit Selbstwertgefühl durch Schönheits-OP

Eingriffe sind längst gesellschaftsfähig. Vorher sollten sich Patienten allerdings genau über Arzt und Operation informieren.

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Krefeld. Zu groß, zu schlaff — ihre Oberweite hat Lea Schelges immer an die einer alten Frau erinnert. Fünf Jahre lang litt sie unter ihren Brüsten. Mit 18 kommt der Gedanke an einen Eingriff. „Ich habe fünf Jahre lang überlegt und mich dann für eine Brust-Operation entschieden“, sagt die heute 23-Jährige und strahlt über das ganze Gesicht. „Ich bin rundum zufrieden, würde sie sofort wieder durchführen lassen.“

Schönheitsoperationen liegen im Trend. Was sich gewaltig geändert hat: Sie sind gesellschaftsfähig geworden, es wird darüber gesprochen. Der wichtigste Tipp der Ärzte lautet: „Wer eine Korrektur vornehmen lassen möchte, muss sich genau überlegen, wo er den Eingriff durchführen lassen will.“ Der Krefelder Matthias Gensior — Arzt, Allgemeiner Chirurg, Plastischer und Ästhetischer Chirurg mit Praxis in Korschenbroich — sagt: „Es ist wichtig, dass sich die Personen, die sich operieren lassen wollen, genau prüfen, wo es geschehen soll. Grundsätzlich darf jeder Arzt alles machen, denn die Berufsbezeichnung ,Schönheitschirurg‘ ist nicht geschützt.“

Er findet jedoch: „Mediziner sollten sich in ihrem Fachgebiet auskennen.“ Es gebe skrupellose Ärzte, die sich in Bereiche begeben, in denen sie nichts zu suchen hätten, erklärt der Mediziner. Das bestätigt auch Kerstin van Ark, Geschäftsführerin der Deutschen Gesellschaft der Plastischen, Rekonstruktiven und Ästhetischen Chirurgen in Berlin: „Demnach können beispielsweise Gynäkologen Brustverkleinerungen, -vergrößerungen und -straffungen durchführen und das ohne Zusatzausbildung. Ein Gesichts- oder Halsliftig kann auch beim Hals-Nasen-Ohrenarzt geschehen. Das würde ich mir allerdings überlegen.“

Aus diesem Grund ist es schwierig, belastbare Zahlen zu nennen. Seriöse Ärzte, die auf dem genannten Gebiet tätig sein möchten, besitzen die Grundausbildung Chirurg und spezialisieren sich dann weiter. Gensior: „Ich bin 61 Jahre alt und habe mich jahrelang weiter gebildet.“ Die Eingriffe seien, was beispielsweise das Facelifting betrifft, seit 20 Jahren konstant. Da gebe es keinen Anstieg. Wünsche nach der „Nase im Nu“ zum Geburtstag der Tochter oder dem neuen Busen zum Abitur habe er nicht gehabt.

Das Anlegen der Ohren komme bei Kindern häufig vor. Das sei jedoch eine Kassenleistung, da das Abstehen zu einer psychosozialen Schädigung führen kann. „Der Trend bei den Schönheits-Operationen geht zum ,Weniger ist mehr‘“, findet er. „Es geht weg vom Massiven hin zum schonenden Eingriff.“ Thema: Botox. Dieses Mittel sei nach einer strengen Untersuchung ungefährlich. „Damit können spastische Störungen bei Kindern gelindert werden. Sie können danach zum Teil fast völlig normal laufen lernen.“

Der Arzt kann es durchaus verstehen, wenn Frauen beispielsweise eine Oberarmstraffung wünschen, um wieder ein Top mit Spaghettiträgern tragen zu können.

Gensior wundert sich bei aller Aufklärung, mit welcher Gutgläubigkeit sich die Menschen von fremden Ärzten behandeln lassen. Sie sollten immer folgende Fragen stellen: „Wo hat der Arzt seine Ausbildung bekommen? Welchen Facharzt hat er in der Tasche? Wie lange praktiziert er, also wie groß ist die Erfahrung? Und: Über den Preis zu gehen, ist ganz falsch.“

Um auf den Anfang zurückzukommen: Lea Schelges wurde am Helios-Klinikum operiert. „Hier hatte ich nach einigen Konsultationen bei anderen Medizinern erstmals das Gefühl, nicht zur Finanzierung des nächsten Sportwagens des Arztes beitragen zu müssen, sondern fühlte mich willkommen. Auch weil der Arzt das Problem erkannt hat“, sagt sie. Ihr Selbstwertgefühl sei nach der OP um 1000 Prozent gestiegen, erklärt sie.

Der Chefarzt der Klinik für Plastische, Rekonstruktive, Ästhetische und Hand-Chirurgie, Dr. Truong Quang Vu Phan, hat sie operiert. „Es ist schön geworden“, sagt der Mediziner, und Schelges kann es nur bestätigen. Drei Stunden hat die Operation gedauert. „Die Umgebung der jungen Frau hat es nicht mitbekommen. Es ist das Selbstgefühl, das zählt“, sagt der Arzt. Er findet, dass die Patientinnen nicht mehr werden, sondern die Spannbreite der gewünschten Behandlungen größer.

Außerdem sieht er in Krefeld keine besonders gestiegene Zahl an Schönheitsoperationen. „Die gibt es eher in Düsseldorf oder Köln.“ Der Arzt zählt zu den Experten in der plastischen (Mikro-)Chirurgie und verfügt über einen Erfahrungsfundus von mehreren tausend Operationen vor allem auf dem Gebiet der ästhetischen Gesichts- und Brustchirurgie. Was auch für Unfall- oder Krebspatienten nach Operationen wichtig ist. Für ihn muss der Eingriff sinnvoll sein. „Vor allem, wenn man den Anspruch hat, es gut zu machen.“

Gerade jetzt hat er eine Patientin abgewiesen, weil sie zu große Brüste verlangte. „Es war medizinisch machbar, aber nicht sinnvoll. Große Brüste halten nur kurze Zeit.“ Auch er rät: „Die Frauen müssen lange überlegen und sich umfassend beraten lassen. Die meisten haben jedoch realistische Vorstellungen.“