Musikszene So schwierig ist die Proberaum-Suche in Krefeld

Krefeld · Der Bedarf an Proberäumen ist offenbar größer als das Angebot, die Suche schwierig — aber es gibt auch Lösungsansätze.

 Die Musiker der Nachwuchsband Dead Skull haben lange gesucht, um einen Raum zu finden.

Die Musiker der Nachwuchsband Dead Skull haben lange gesucht, um einen Raum zu finden.

Foto: Andreas Bischof

Kaspar lässt seine Gitarre schreien, Mats die Becken krachen und Ben seinen Bass dröhnen — die Zeilen von Sänger Moritz klingen dazu, als wären die Stimmen von Kurt Cobain und Ozzy Osbourne verschmolzen. Schließt man in den wenigen Quadratmetern Bunker-Proberaum die Augen, klingt das nicht nach einem der ersten eigenen Stücke einer Band, deren Altersdurchschnitt bei 14 Jahren liegt. Dabei können die vier Nachwuchsmusiker, die sich zusammen „Dead Skull“ nennen, erst seit ein paar Monaten richtig proben. Ein Jahr haben sie gesucht, davor konnten sie — in limitierten Zeiträumen — in einem Jugendzentrum zusammenspielen. Die jungen Musiker aus Fischeln seien froh, dass sie überhaupt einen Raum gefunden haben. Gerade im Stadtgebiet gebe es zu wenig. Musiker, die mit Autos auch das Umland erreichen können, hätten es leichter.

Mindestens 50 bis 60 Bands
sollen Proberäume suchen

Knut Habicht ist einer, der die Situation so oder so ähnlich schon seit mindestens 40 Jahren kennt. 1979 haben Gleichgesinnte des Gitarristen und Szenekenners, der heute eine Projektagentur führt, die Krefelder Musiker Initiative (KMI) gegründet – unter anderem, „weil es viel zu wenig Proberäume gab.“ Die Suche nach Räumen begleitet die Szene, mal sei es schwieriger, mal einfacher.

Mindestens 50 bis 60 Bands suchen aktuell Räume, um Musik machen zu können, schätzt Habicht. Die KMI selbst mietet seit 1987 einen Hochbunker am Löschenhofweg 32 an. Dort gibt es zwölf Proberäume, alle sind besetzt, erklärt Habicht, der eine Warteliste führt. Wer einen Proberaum hat, behalte ihn in der Regel. Bis ein Raum frei wird, können daher Jahre vergehen. Will man es positiv sehen, ist es eines von mehreren Zeichen dafür, wie breit die freie Musikszene in Krefeld aufgestellt ist. Positiv sehe Habicht auch, dass Oberbürgermeister Frank Meyer sich zu dem Thema Proberäume bekannt hat. Das haben auch zwei Mitglieder der Nachwuchsband aus Fischeln mitbekommen. Beim Metalwalk 2018 — einem Umzug der Szene — sind Kaspar und Mats schon aufgetreten, um auf das Problem aufmerksam zu machen. Frank Meyer hatte bereits ein Jahr zuvor im Rahmen der Veranstaltung erklärt, sich dem Thema anzunehmen. Was seitdem passiert ist? Der Oberbürgermeister habe sich mit fast 30 Musikern und Veranstaltern getroffen, um über Themen wie Proberäume, Auftrittsmöglichkeiten und die Nachwuchsförderung zu sprechen. Unter anderem sei danach in Zusammenarbeit mit dem Kulturbüro der Bandwettbewerb „Listen to Numbers“ entstanden, teilt Pressesprecher Christoph Elles mit. Und zum Thema Proberäume: „Offenbar ist  der Bedarf deutlich höher als das Angebot“, heißt es in der Antwort weiter. Meyer habe sich im Anschluss auch mit Betreibern von Proberäumen getroffen, um die Möglichkeiten eines Ausbaus auszuloten. Dafür sei auch schon Hilfe der Verwaltung in Anspruch genommen worden. Die Kulturverwaltung beobachte das Thema weiterhin und bleibe mit den Akteuren im Gespräch.

Groß zu werben brauchen Betreiber von Proberäumen offenbar nicht — zumindest legt das während der Recherche ein Gespräch mit einem Betreiber aus Krefeld nahe. Seinen Namen möchte er daher auch nicht in der Zeitung lesen. Alle Räume seien besetzt und man habe kein Interesse an weiteren Anfragen. Wenn etwas frei werden würde, würden die Nachmieter schon bereitstehen.

 Aber wo könnten neue Räume entstehen? Ausbaufähig ist zum Beispiel die Kapazität im KMI-Bunker am Löschenhofweg, meint Szenekenner Knut Habicht. Sechs bis acht Proberäume könnten mit Unterstützung der Stadt dort zusätzlich geschaffen werden. Weitere Möglichkeiten könnte der Bunker an der Schönwasserstraße/ Ecke Friedrich-Ebert-Straße bieten, in dem die Krefelder Tafel einen Teil als Lager nutzt. Habicht kenne das Gebäude, mindestens 20 Proberäume seien möglich, eventuell sogar mehr. Für Nachwuchsbands gelte weiterhin der Tipp: Jugendzentren, Schulen und Kirchen abklappern. Einige würden Möglichkeiten bieten. Eine weitere Idee führt zurück zur Musiker-Initiative, die vor 40 Jahren auch mit einem Netzwerkgedanken gegründet worden sei. Die KMI könne Fragen beantworten, Hilfestellung geben und vernetzen, der „Nachwuchs“ müsse dafür aber aktiv werden und sich melden.

Eine Projekt-Idee mit Blick auf die Proberaum-Situation könnte ein Portal sein, das Angebote aufzeigt und bündelt. Das hätte auch den jungen Musikern der Nachwuchsband „Dead Skull“ geholfen. Ihr Ziel ist, noch mehr eigene Lieder zu schreiben. Auch das klappe im eigenen Proberaum viel besser.