Stadt geizt seit Jahren mit dem Behinderten-Bonus
Ehepaar machte eine unliebsame Erfahrung: Rollstuhlfahrer und Begleiter müssen den vollen Preis zahlen.
Krefeld. Peter und Lotte Rosing wollten an einem Feriensonntag ihrer Bekannten Isolde Sladek aus Hattingen ein Krefelder Highlight bieten: eine Führung durch die Ausstellung „Häkelkosmos“ im Deutschen Textilmuseum zu Linn. An der Kasse erlebten die Drei eine unerfreuliche Überraschung: Für die schwerbehinderte, auf den Rollstuhl angewiesene Lotte Rosing gab es weder freien Eintritt noch Ermäßigung, desgleichen nicht für die Begleitperson.
„Dahin gehen wir nie wieder“, schimpft Peter Rosing, der mit seiner Frau schon häufiger Kultureinrichtungen außerhalb Krefelds besucht hat. „Im Archäologischen Park von Xanten etwa haben Rollstuhlfahrer und Begleiter freien Eintritt“, weiß Peter Rosing. Das gilt zum Beispiel auch für die Düsseldorfer Kunsthalle oder das Museum Ludwig in Köln. Der privatisierte Krefelder Zoo gewährt beim Vorzeigen des Schwerbehindertenausweises (Voraussetzung: 80 Prozent Behinderung) einen Nachlass, ein Begleiter darf umsonst hinein.
Im Stadttheater erhalten Behinderte eine Ermäßigung, Begleiter von Rollstuhlfahrern (die angemeldet werden müssen) haben freien Eintritt. Das ist eigentlich gängige Praxis in Deutschland — auf freiwilliger Basis.
Den Schritt weg von einer zumindest etwas behindertenfreundlichen Stadt tat Krefeld bereits im Herbst 2010. Da hatten Kulturausschuss und Rat mehrheitlich die neuen Gebühren für die Krefelder Museen beschlossen. Plötzlich gab es in den Vorlagen der Verwaltung keinen Behindertenbonus mehr, der zuvor üblich war.
Bis dahin kamen nämlich Behinderte zum Schülerpreis in die Museen. Vom Begleiter wurde allerdings schon zwischen 2005 und 2010 der volle Eintrittspreis verlangt. Das Thema ist im November 2010 offenbar in der Debatte um die Kosten für den Umbau des KWM-Museums untergegangen. Mit Veröffentlichung im Amtsblatt am 30. Dezember 2010 waren die Eintrittsentgelte rechtskräftig. Darauf weist Stadtsprecher Dirk Senger hin.
Das Ehepaar Rosing nebst Begleiterin stellten an jenem Sonntag in Linn fest, dass beim Museumspersonal der Wegfall der Behindertenermäßigung durchaus ein Thema ist. „Beschweren Sie sich bitte bei der Stadt“, wurde ihnen geraten. Und mitgeteilt: „Vor ein paar Tagen musste sogar ein Gruppe Blinder den vollen Eintritt bezahlen.“ Auf entsprechende Hinweise von Museumsmitarbeitern reagiere die Stadt nicht.
Peter Rosing hat noch mehr zu bemängeln: „Die Verwaltung sollte sich auch mal um das Behinderten-WC im Textilmuseum kümmern. Das ist praktisch ohne fremde Hilfe nicht zu nutzen, da sich die Türen nur gegenläufig öffnen lassen und die Bewegungsfreiheit eingeschränkt ist.“
Sollte der Behinderten-Nachlass in den Krefelder Museen wieder eingeführt worden? Stimmen Sie ab!
www.wz-krefeld.de