Unterhaltszahlung Wenn das Geld für Unterhalt fehlt
Krefeld · Stadt streckt im Jahr 4,8 Millionen Euro vor. Land übernimmt künftig Eintreiben des Geldes.
Ab dem 1. Juli übernimmt das Land von den Kommunen die Verantwortung für die Eintreibung des Unterhaltsvorschusses und organisiert diese zentral beim Landesamt für Finanzen. Seit im Jahr 2017 die Altersgrenze für den Bezug von zwölf auf 18 Jahren angehoben und die Bezugsdauergrenze von damals maximal 72 Monaten vollständig aufgehoben worden ist, hat der Fachbereich Soziales bei der Stadt Krefeld noch mehr zu tun. Die Fälle haben sich seither fast verdoppelt.
Eigentlich müsste Bereichsleiter Wolfram Gottschalk ob der neuen Regelung in wenigen Monaten erleichtert sein: Nicht nur die personelle Situation könnte sich entspannen, auch die finanzielle. Seit der Unterhaltsvorschussreform im Jahr 2017 wendet die Stadt jährlich rund eine Million Euro mehr auf. Wenn da nicht eine entscheidende Einschränkung wäre. „Das Land übernimmt nur die Abwicklung für die sogenannten neuen Fälle“, erklärt Gottschalk.
Grundsätzlich begrüßt die Stadt die Übernahme der Unterhaltsheranziehung. „Das Land sollte jedoch die Unterhaltsheranziehung auch für die sogenannten Altfälle übernehmen, da ansonsten die Kommunen noch über Jahre und Jahrzehnte für die Verfolgung der Unterhaltsansprüche zuständig sind und einen entsprechenden Personal- und Kostenaufwand betreiben müssen“, sagt Gottschalk.
Anzahl der Fälle
Die Zahl der „unterhaltssäumigen Elternteile“ wird bei der Stadt nicht erfasst, sondern die Zahl der Kinder, für die Leistungen nach dem Unterhaltsvorschussgesetz gezahlt werden. Am 31. Dezember 2018 erhielten 3268 Kinder in Krefeld einen Unterhaltsvorschuss. „Es ist zu erwarten, dass diese Zahl sich stetig erhöhen wird“, sagt der Sozialamtsleiter. Vor der Reform des Unterhaltsvorschussgesetzes lag die Zahl der berechtigten Kinder viele Jahre bei knapp 1900.
Summe der ausstehenden Beträge
Insgesamt wurden im Jahr 2018 rund 8,05 Millionen Euro an Unterhaltsvorschussleistungen ausgezahlt. Eingefordert wurden im gleichen Jahr von den jeweils säumigen Elternteilen Unterhaltszahlungen von knapp 1,7 Millionen. Tatsächlich gezahlt wurden jedoch nur rund 775 000 Euro. „2016 – also vor der Reform des Unterhaltsvorschusses zum 1. Juli 2017 – lag der Gesamtbetrag der jährlichen Unterhaltsvorschusszahlungen noch bei rund 3,7 Millionen und erhöhte sich im Jahr 2017 auf rund 4,8 Millionen“, führt Gottschalk aus. Die Vorschussleistungen haben sich somit im Vergleich zum Beginn mehr als verzweifacht.
Jahrelang lag die sogenannte Rückholquote bei den nicht zahlenden Elternteilen bei rund 20 Prozent. „Und damit leicht über dem NRW-Landesdurchschnitt“, sagt Gottschalk. Im Umkehrschluss heißt das, dass rund 80 Prozent der von der Stadt vorgestreckten Beträge nicht zurückgefordert werden konnten.
Den Grund dafür nennt Gottschalk postwendend: „Häufig ist der unterhaltspflichtige Elternteil nicht in der Lage, aufgrund seiner Einkommenssituation Unterhalt zu zahlen. Manche können auch nur einen Teilbetrag leisten.“ Und diese Zahl der nicht zahlungsfähigen Elternteile nimmt zu. Die Rückhol-Quote hat sich in Krefeld von 20,22 Prozent in 2016 über 14,76 Prozent in 2017 auf unter zehn Prozent im vergangenen Jahr reduziert. Doch auch dieser Trend entspreche dem Landes- und Bundestrend.
Stadt stockt Personal auf
In den vergangenen Jahren konnten die Stellen im Bereich der Unterhaltsheranziehung häufig erst nach einer längeren Vakanz wieder besetzt werden. „Auf die Höhe der tatsächlich zu erzielenden Einnahmen hatte dies aber nur geringe Auswirkungen, da man sich bei einem vorübergehenden Personalmangel im Wesentlichen auf die zahlungsfähigen Unterhaltspflichtigen konzentriert hat“, sagt Gottschalk. Nun, wo klar ist, dass das Land nur die Neufälle bearbeiten wird, sei eine zeitnahe Aufstockung der Planstellen beantragt.