Klein-Österreich: Wohnstätte kontra Stadt
Alte Häuser in Klein-Österreich sollen modernisiert werden – doch die Denkmalpfleger spielen nicht mit.
Krefeld-Stahldorf. Thea Müller ist austherapiert. Die 72-jährige Ur-Krefelderin leidet an Krebs - und sie wohnt in einem Haus der Wohnstätte, in dem es nach Schimmel riecht, wenn man es gerade betreten hat. Thea Müller lebt an der Innsbrucker Straße 7 in Stahldorf. Genauer: In Klein-Österreich, so genannt vom Volksmund nach den Namen der Stichstraßen. Ihre Tochter Petra Kirchholtes hat fristgerecht zum 28. Februar den Mietvertrag gekündigt. "Ich möchte, dass Mutter wegen des Schimmels nicht noch mehr leidet."
Kaum war Thea Müller vor zwei Jahren ins renovierte Parterre des an sich hübschen Hauses eingezogen, da trat die Nässe ans Tageslicht. "Auf dem Laminat stand das Wasser", erinnert sich Karl Kirchholtes, der Schwiegersohn. "Wir haben das Laminat wieder herausgerissen und Teppichboden verlegt." Der sei billiger und müsse ja ohnehin bald wieder ausgetauscht werden.
Bereits am 31. Januar 2009, Thea Müller war erst ein paar Wochen zuvor eingezogen, erschien ein Gutachter im Auftrag der Wohnstätte. "Der hat gesagt, hier werde nicht richtig gelüftet. Das ausschließlich sei die Ursache des Schimmels", klagt Petra Kirchholtes.
Diese Einschätzung wird auch von Thomas Siegert, Vorstand der Wohnstätte Krefeld, bestätigt: "Damals wurde eine Luftfeuchtigkeit von 71,3 Prozent gemessen." Selbst in kalten Wintern würden die Mieter die Heizung herunterdrehen, um Geld zu sparen. Und die Fenster geschlossen halten. Vor anderthalb Wochen habe der Hausbetreuer "das Wasser an den Fenstern stehen gesehen".
Eigenartigerweise sind die größten Schimmelstellen aber nicht in Fensternähe, sondern am Boden. Karl Kirchholtes zeigt draußen auf ein defektes Regenfallrohr, aus dem bei starkem Niederschlag das Wasser gegen die Fundamentmauer schießt. Und er deutet auf gebrochene Platten hin, durch die das Wasser mauernah einsickert.
An der westlichen Seite des Ende der 1920er, Anfang der 1930er Jahre gebauten Hauses befindet sich ein schmaler Rasenstreifen, der zur Wand hin leicht abfällt. Im Keller einer Nachbarin prangt ein großer Schimmelfleck. Und auch im ersten Stock, so sagen die Kirchholtes, sei mittlerweile eine Wand von Schimmel befallen. Die Nachbarin ist aber gerade nicht da.
Bewohner anderer Häuser aus der Siedlung mit dem vielen Grün drumherum hätten dieselben Probleme. Aber keiner traue sich, etwas zu sagen. Da muss Wohnstätten-Chef Siegert lachen: "Das glaube ich einfach nicht." Er sicherte aber zu, einen anderen Gutachter zur Innsbrucker Straße 7 zu schicken. Gestern war dieser vor Ort. Das Ergebnis steht aus.
Dass es in den alten Gemäuern Kältebrücken gibt und die Wärmedämmung zu wünschen übrig lässt, ist der Wohnstätte bekannt. "Wir haben bei der Stadt Krefeld drei Bauvoranfragen gestellt", berichtet der Vorstand, "aber keine ist genehmigt worden." Variante eins sah die Erweiterung der Siedlungshäuser mit einem größeren Grundriss vor.
Denn jede Wohnung ist kaum größer als 60 Quadratmeter und besteht aus Zimmerchen, nicht Zimmern. Variante zwei beinhaltete ein Wärmedämmungs-Verbundsystem (neue Fassade vor alter Fassade) und Variante drei den zusätzlichen Ausbau der ersten Etage zu Maisonette-Wohnungen mit Treppe ins Dachgeschoss. "Die Denkmalpfleger der Stadt haben sowohl Grundrissvergrößerung als auch Wärmedämmungs-Verbundsystem abgelehnt", beklagt Thomas Siegert die sture Haltung der Bau-Beamten. Die haben die alten Häuser von Klein-Österreich unter Denkmalschutz gestellt.
Die Denkmalbehörde konnte sich gestern zu den Vorgängen noch nicht äußern. Die Akten sollen jetzt eingesehen werden.