Perspektivwechsel Kunst in 3 D statt Waschbeton

Maler aus aller Welt werden Überreste der alten Betonfabrik am Hülser Berg umgestalten.

Foto: Wilms

Krefeld. Lange hat Manfred Wilms die Idee mit sich herumgetragen, die ein Spaziergang am Hülser Berg in ihm ausgelöst hatte. Die überwucherten Überreste der ehemaligen Betonfabrik am Fuße des Hülser Bergs faszinieren ihn. Dicke Leitungsrohre, die moosbewachsen unter den Bäumen liegen; halbrunde Reste, die wie Schildkrötenpanzer aus dem Gras ragen oder flache Betondeckel, die schräg im Weg stehen. „Ich dachte gleich an einen blau-weißen Nivea-Dosendeckel“, sagt Manfred Wilms lächelnd.

Foto: Wilms

Mehrfach durchstreift Wilms den Talkessel. Rein räumlich verliert er das ein oder andere Mal die Orientierung, doch eine Idee konkretisiert sich. Aus einer neuen Perspektive den auf die Natur und die Überreste der Industriekultur zu werfen kann Künstlern gelingen — Straßenkünstlern.

Wilms hatte die Idee, die Künstlerin Frederike Wouters (28) das Können und die Kontakte. Das Ergebnis: Vom 4. bis 8. August wird eine Gruppe international bekannter Straßenkünstler rund um das Umweltzentrum am Talring wohnen, leben, arbeiten. Edgar Müller (Deutschland) ist dabei, Anat Ronan (USA), Gregor Wosik (Deutschland), Tony Cuboliquido und Katty Grossi (Italien) und Roberto Carlos Trevino Rodriguez (Mexiko). Gegenstände und plattierte Wege werden sie verfremden, mal alleine, mal gemeinsam neue Motive schaffen.

Natur ist das Thema für alle, ob sie Kopisten sind oder sich frei von ihrem Fundstück vor Ort leiten lassen. Dreidimensionalität kann die Wahrnehmung der Landschaft ebenso verändern wie eine Mona Lisa, die die Passanten aus Sträuchern heraus beobachtet. Es ist eine einmalige Aktion, aber sie soll Dauer haben. Im Gegensatz zu Straßenmalereien in Fußgängerzonen werden die Kunstwerke rund ums Umweltzentrum nicht mit dem ersten Regen ausgewaschen.

Die Projektidee überzeugte die Jury des Krefelder Perspektivwechsels — was hilfreich ist, wenn sich Künstler in einem Naturschutzgebiet bewegen wollen. „Ich hatte etwas angestoßen, was ich als Privatperson nicht zu Ende bringen konnte“, sagt Manfred Wilms. „Dazu hätte ich einen Verein gründen müssen.“

Die Aktivitäten der Künstler werden sich in der letzten Sommerferienwoche auf das Wegesystem rund ums Umweltzentrum beschränken, erläutert Wilms. „Ab Mittwoch wird es spannend.“ Industrie, Kunst und Natur werden neu in Beziehung gesetzt und die Besucher können den gesamten Prozess verfolgen. „Das Projekt ist nicht wiederhol- und nicht kopierbar“, sagt Wilms. Das Gelände steht jedermann offen, das Betreten ist kostenfrei.