Das vergessene Denkmal von Holterhöfe
Zwei Männer wollten im März 1945 Brot holen und wurden erschossen. Sie liegen begraben auf einem Grundstück in Holterhöfe.
Krefeld. Denkmäler werden errichtet, um an besondere Ereignisse oder Personen zu erinnern. In Holterhöfe gibt es ein solches Mahnmal. Doch nicht nur, dass sich dadurch niemand mehr an den Anlass und die Personen dahinter erinnert — auch haben die meisten Menschen vergessen, dass es das Denkmal überhaupt gibt.
Wer die beschauliche Siedlung am Forstwald betritt und sich auf die Spur des Mahnmals begibt, sucht vergeblich. Die Anwohner danach zu fragen, führt oft nur zu ratlosen Gesichtern. Immer wieder wird man zum Hückelsmay-Denkmal geschickt, dem berühmten Punkt in Forstwald, wo die Preußen während des Siebenjährigen Krieges in Unterzahl die Franzosen schlugen.
Dabei ist die Geschichte des vergessenen Denkmals eine sehr berührende. Es war in den letzten Monaten des Zweiten Weltkriegs. Am 2. März 1945, wenige Wochen vor Kriegsende, machten sich zwei Zivilisten auf den Weg, um Brot zu holen und kehrten nicht zurück. Die amerikanischen Soldaten hatten Holterhöfe erreicht, und die auf dem Kirschenhof einquartierte deutsche Einheit war Hals über Kopf abgerückt. Heinz Bläser und Paul Ulbricht wollten Brot holen, das die Soldaten dort zurückgelassen hatten.
Ihre Ehefrauen fanden später die Leichen. Sie wurden erschossen, ob gezielt oder durch Streufeuer, wurde nie ermittelt. Sie beerdigten ihre Männer im Garten der Ulbrichts, Zu den Tannen 31. Sie sahen keine andere Möglichkeit für eine Bestattung.
1949 gründete sich in der Nachbarschaft die Gesellschaft Holterhöfe. Diese hegte lange den Wunsch, ein Ehrenmal für die Gefallenen der Siedlung zu errichten. Diesen Wunsch konnten sie zehn Jahre später umsetzen. Auf dem Grundstück der Ulbrichts, wo die beiden Männer begraben sind, entstand ein schlichtes Denkmal aus roten Klinkersteinen. Auf einer Tafel stand „Euer Opfer — unsere Verpflichtung“. Darunter befand sich in einer Kupferrolle ein Pergament, auf dem die Namen der Gefallenen aufgeführt waren.
Heute ist das Denkmal verfallen. Nur wer in die Hecke des Grundstücks Zu den Tannen 31 schaut, entdeckt die Steine. Es ist noch erkennbar, wo die Pergamentrolle gesteckt hat, und auch den Platz der Tafel, kann man noch sehen. Nur die Blumenschale und die Aufhängung erinnern überhaupt noch daran, dass die Steine mal eine Bedeutung hatten. Auf dem Pergament, das mit der Tafel und der Kupferrolle im Krefelder Stadtarchiv aufbewahrt wird, stehen 25 Namen von Gefallenen. Unterschrieben ist es unter anderem von Selma Ulbricht.
Laut Stadtsprecher Manuel Kölker gilt das Denkmal als „abgetragen“. 1969 wurde Holterhöfe zu Krefeld eingemeindet, vorher gehörte es zu Willich. Warum das Denkmal nicht weitergepflegt wurde, weiß weder die Stadt noch der Forstwalder Bürgerverein. Es liegt allerdings nahe, dass nach dem Tod der Ehefrauen das Denkmal in Vergessenheit geriet. „Der Umstand, dass sich Teile des Steins im Stadtarchiv befinden, lässt darauf schließen“, sagt Kölker.