West: Schwester Thaddäa - Ein ganzes Leben für ihre Kinder

Schwester Thaddäa feiert ihr Goldenes Ordensjubiläum. Im Krefelder Marianum hat sie in vier Jahrzehnten Generationen von Jungen und Mädchen betreut.

Krefeld. Sie will unbedingt bleiben. Als der Orden der Barmherzigen Schwestern vom heiligen Borromäus im Jahr 2000 die noch sieben im Krefelder Kinderheim Marianum engagierten Schwestern ins deutsche Mutterhaus nach Trier zurückbeordert, geht Schwester Thaddäa nicht mit. Seit 1963 hat sie im Marianum gewirkt, Generationen von Kindern ins Erwachsenenalter begleitet.

Seit acht Jahren lebt sie in einer kleinen Wohnung in der westlichen Innenstadt. Im Mai wurde sie 75, jetzt feierte sie ihr Goldenes Ordensjubiläum, erst im Mutterhaus an der Mosel mit sieben weiteren Schwestern, von denen eine schon 75 Jahre im Orden ist. Dann in Krefeld, mit einem Gottesdienst in St. Thomas Morus und vielen Gästen.

Über der Couch in ihrem Wohnzimmer hängt ein Foto mit dem dunklen Klinkerbau des Marianums. 1976 wurde er abgerissen, um dem neuen Konzept familienähnlicher Gruppen mit jeweils zwölf bis 14 Kindern in mehreren Bauten zu weichen. Jede Gruppe hat eine "Mutter" - und zu einer solchen wurde auch Thaddäa.

Sie orientierte sich an ihrer eigenen Mutter Elisabeth, die in dem kleinen Ort Simmern in der Nähe von Montabaur im Westerwald acht Kinder groß gezogen hatte. Aufgewachsen ist sie auf einem Hof, den Vater Johann, nebenbei Ortsbürgermeister, bewirtschaftete. Und sie beherzigte das Motto von Friedrich Fröbel: "Lasst uns für unsere Kinder leben."

Ebenso wie Thaddäa ihren "Westerwälder Basaltkopp" nicht verleugnet, der sie unter anderem in Krefeld hielt, hat sie auch nicht den leichten Akzent verlernt, der sie ihrer Heimat zuordnet. "Der Vater bestand darauf, dass alle vier Töchter Hauswirtschaft lernen, so kam ich an die Fachschule nach Ehrenbreitstein", erzählt sie.

"Anschließend wurde ich zu den Ursulinen nach Trier geschickt, um Erzieherin zu lernen. Dort reifte mein Wunsch, in den Orden der Borromäerinnen einzutreten." Nach dem Noviziat schickte der Orden, der seit 150 Jahren in Trier sitzt, die junge Schwester zunächst in Kinderheime in Moitzfeld in Bergisch-Gladbach und in Köln. "Es war immer noch Nachkriegszeit, das war manchmal sehr schwierig, sowohl für die Kinder als auch für die Erzieher."

Mit 29 Jahren kam sie zur Nordstraße in Krefeld, hatte anfangs Kleinkinder, später ältere Jungengruppen zu betreuen. Im Neubau waren die familiären Gruppen altersgemischt. "Groß heraus" kam Thaddäa auf Pressefotos, als sie mit dem früheren Oberbürgermeister Dieter Pützhofen mit wehender Tracht eine lange Rutsche herunter sauste, um so den Spielplatz Stadtgarten in Betrieb zu nehmen.

Am liebsten erinnert sich Thaddäa an die Ferien mit den Kindern, die meist gesponsert wurden: "So hat uns ein Krefelder Autohaus oft einen Bus zur Verfügung gestellt." Sie schwärmt von ersten Urlauben in ihrer Heimat wie von Reisen nach Südfrankreich, wo die Kinder in Cannes und Monaco waren und das Grab von Grace Kelly besuchten.

"Eigentlich könnte ich ja auch öfter in Zivil gehen, aber dann erkennt mich ja in Krefeld niemand", scherzt sie. Und gekannt werden will sie weiter, denn sie braucht oft Hilfe für Ehemalige, von denen sich viele mit ihren Sorgen an die "Mutter" wenden.

Gerade hat sie eine Zeitlang einen 44-Jährigen beherbergt, der mit 18 Monaten ins Heim und in Thaddäas Obhut kam. "Sein Gesundheitszustand wurde immer schlechter, jetzt ist er in einem Heim in Goch." Ansonsten geht Elisabeth Weisbrod, als die sie geboren wurde, gerne ins Theater und zum Schwimmen, betreut ältere Damen, liest viel und macht Handarbeiten.