Laufen auf dem Hochplateau
Sebastian Uridat ist Leichtathlet. Zweimal pro Jahr trainiert der 23-Jährige in Kenia in rund 2400 Metern Höhe.
Krefeld. Dass Sebastian Uridat vor dem Termin mit der Westdeutschen Zeitung bereits eine Laufeinheit absolviert hat, gehört zum Alltag des 23-Jährigen. „Ich habe mich auf Langstrecken ab 3000 Metern spezialisiert und bin damals nach Krefeld gekommen, um mich weiter zu verbessern“, sagt Uridat, der ursprünglich aus dem südholsteinischen Wedel stammt.
Zu den Spezialstrecken des gelernten Stadtsekretärs gehört die Halbmarathondistanz über 21,0975 Kilometer. Am 14. September wird der Leichtathlet an den deutschen Hochschulmeisterschaften über eben diese Distanz teilnehmen.
Neben den zweimal täglich stattfinden Trainingseinheiten bereist der Sportmanagementstudent zweimal im Jahr das Heimatland der erfolgreichsten Mittel- und Langstreckenläufer der Welt: „Ich fliege einmal im Frühjahr und einmal zwischen Sommer und Herbst nach Kenia, um dort ein Höhentrainingslager durchzuführen.“ Auch den August über hält er sich dort auf.
Vor seinem ersten Flug nach Nairobi stellte sich Uridat die Frage, warum die kenianischen Läufer seit Jahrzehnten so dominant im Laufsport sind. Viele Laufexperten schreiben dies zum einen den physiologischen Eigenschaften der Äquatorzonenbewohner zu, zum anderen den durch die Höhe des Landes bedingten optimalen Trainingsbedingungen.
Ein absoluter Hotspot für alle Läufer der Welt ist deshalb Iten geworden. Olympiasieger, Weltmeister, Stars der Langstreckenszene — viele von ihnen haben einmal in der auf einem Plateau in rund 2400 Meter Höhe liegenden Stadt trainiert. Uridat hat bei seinem ersten Besuch in Iten im Jahr 2012 Benson Igogo Warira kennengelernt: „Er ist ein starker Läufer, der darauf hinarbeitet, irgendwann zu Kenias Nationalspitze zu gehören.“ Ein Traum, den in Kenia eigentlich jedes Kind hege. Einer, der es in die Weltspitze geschafft habe, sei Geoffrey Gikuni Ndungu: „Er hat zweimal den Dublin-Marathon gewonnen und ist dazu noch Streckenrekordhalter in Irlands Hauptstadt. Die Menschen blicken zu ihm auf. Vor allem die jungen Läufer wollen seinen Erfolgen nacheifern und ebenfalls ein großes Haus und ein Auto besitzen.“
Uridat nutzt die Aufenthalte in Kenia in erster Linie, um die eigene Ausdauer durch das Training in der Höhe zu verbessern. Doch auch seine Hochschulausbildung profitiere von den insgesamt acht Wochen im Jahr an Afrikas Ostküste: „In meinen Erholungsphasen nutze ich die Zeit für mein Studium.“
Ansonsten sei aber vor allem Training angesagt: „Da die Sonne relativ früh aufgeht, bin ich auch relativ früh wach, frühstücke und absolviere die erste Trainingseinheit gegen acht Uhr.“ Diese besteht aus unterschiedlichen Bestandteilen wie Dauerläufen, Fahrtspielen oder Tempoläufen. Nach einem zweiten Frühstück folgt eine kleine Pause, bevor bereits um 13 Uhr das Mittagessen ansteht. Um 16 Uhr läuft er dann ein zweites Mal auf den Strecken des Hochplateaus. „Gegen 20.30 Uhr geht es für mich ins Bett.“
Trainiert wird oft gemeinsam: „Es kann schon mal sein, dass sich rund 150 bis 200 Läufer treffen und dann zusammen laufen.“ Rund 200 Kilometer spult der Student während seiner Zeit in Kenia pro Woche ab: mit dem Ergebnis, dass seine eigenen Laufzeiten sich deutlich verbessert haben. Grund dafür soll laut medizinischen Analysen die vermehrte Produktion von roten Blutkörperchen und die damit verbundene höhere Sauerstoffaufnahme durch das Training in der Höhe sein.
Seine beste Zeit bei einem Halbmarathon lief Sebastian Uridat in Houston (77,27 Minuten). Die Steigerung um zweieinhalb Minuten schreibt der Läufer dem kurz zuvor durchgeführten Höhentrainingslager in Kenia zu.
Für die deutschen Hochschulmeisterschaften Mitte September in Fulda muss Uridat um die 75 Minuten laufen, um vorne mit dabei zu sein. Was wieder einer Steigerung von rund zweieinhalb Minuten entspräche. Die vier Wochen in Kenia wird Uridat nutzen, um sich, gemäß seines Mottos „immer bessere Leistungen zu erreichen“, genau dorthin zu steigern.