Schon Anfänger spielen die „Kleine Nachtmusik“
Das Musikprojekt am Stadtparkgymnasium ermuntert Kinder, ein Instrument zu lernen.
Krefeld/Uerdingen.Jürgen Vey zählt laut den Takt und klatscht im Rhythmus mit den Händen: „Und eins, zwo, drei, vier...“ Mit gespieltem Augenrollen lässt der Musiklehrer die Hände kurz darauf wieder sinken. „80 Prozent der Trompeten sind richtig. Der Rest ist im Stimmbruch“, stellt er fest und nickt den 45 Schülerinnen und Schülern aufmunternd zu.
Anstatt sich nach Schulende mit Computer oder Handy zu beschäftigen, proben die Sechstklässler lieber in der Aula des Gymnasiums am Stadtpark für ihr nächstes Konzert. Eifrig und konzentriert wiederholen sie Mozarts „Kleine Nachtmusik“ — und das nach einem Jahr Unterricht.
Das Projekt „Bläserklasse“ hat sich in den sieben Jahren seines Bestehens erfolgreich etabliert. Von den insgesamt 845 Schülern am Stadtparkgymnasium spielen 210 ein Instrument. „Gleich bei der Anmeldung, können sich die Schüler auch für eine Bläserklasse einschreiben und ihr Wunschinstrument wählen“, erzählt Schulleiter Rolf Nagels.
Zur Auswahl stehen Querflöte, Klarinette, Trompete, Tuba, Posaune, Saxophon und Eufonium. Rhythmusinstrumente wie E-Bass und Schlagzeug komplettieren das Angebot. Bei Mädchen ist ganz klar die Querflöte, das zarteste Instrument, am beliebtesten. Aber auch nicht jeder Junge traut sich gleich an die Tuba.
Das Angebot kommt bei Schülern und Eltern gleichermaßen gut an. „Von 100 neu angemeldeten Kindern gehen 40 in eine Bläserklasse.“ Die Schule least die Instrumente und acht Honorarfachkräfte unterrichten zwei Stunden nachmittags in kleinen Gruppen von maximal sechs Schülern. Für die Miete und den Unterricht zahlen die Eltern pro Monat 30 Euro.
Nach zwei Jahren können die kleinen Bläser entweder ihre Musikkarriere beenden oder das Instrument günstig kaufen und weitermachen.
Vor lauter Musik vergisst man leicht, dass natürlich auch ein pädagogisches Konzept hinter dem Projekt Bläserklasse steht. Gemeinsam ein Instrument zu erlernen, hat viel mit sozialem Lernen zu tun. Konzentration und Selbstbewusstsein nehmen zu, Teamfähigkeit und Toleranz wachsen, auch Kreativität, Intelligenz und emotionale Stabilität profitieren von dem Musikunterricht.
Applaus ist das Brot des Künstlers. Das gilt auch für die kleinen Musiker, die das Geübte gerne vor Publikum zeigen. Früher reichte die Aula für Konzerte aus, dann zog das Orchester in den großen Bay-Treff mit 450 Plätzen. Seit drei Jahren finden die Schulkonzerte im Seidenweberhaus vor rund 1200 Zuhörern statt. So manchem klingt sicher noch die musikalische Eröffnung des Krefelder Weihnachtsmarktes angenehm im Ohr.
Pro Jahrgang gibt es ein Orchester, zusätzlich zwei Oberstufenorchester und mehrere Gesangsgruppen. Jedes Jahr ist ein internationales Orchester zu Gast in Uerdingen. Dann wird mit Gästen aus Tschechien, Litauen und Polen musiziert.
Und wer gar nicht genug von der Musik bekommen kann, darf das Fach sogar in der Abiturprüfung belegen. „Die Saxophone hinken ein wenig nach“, bemerkt Jürgen Vey.
Die heutige Probe ist inzwischen bei Brahms „Ungarischer Tanz Nummer 5“ angelangt. „Jetzt bitte das ganze Orchester. Und eins, zwo, drei, vier...“