Wenn Höflichkeit auf Gastlichkeit trifft
Während eines zweiwöchigen Austauschprogramms hatten Krefelder Jugendliche Gleichaltrige aus Japan zu Gast.
Krefeld. Langsam deckt sich der Tisch. Die japanischen Gäste schnippeln noch eifrig Gemüse für ein traditionelles Nudelgericht. Am Donnerstag hieß es im Beachclub am Löschenhofweg Abschied nehmen: Die japanischen Jugendlichen, die beim SC Bayer Uerdingen im Rahmen eines bundesweiten Austauschprogramms der Deutschen Sportjugend zu Gast waren, machen sich schon bald wieder auf den Weg zurück nach Japan.
Knapp zwei Wochen lang waren sie in Krefeld — keine lange Zeit, wenn unterschiedliche Kulturen aufeinanderprallen. „Die Verständigung war am Anfang schwer. Es ging dann aber, mit Händen und Füßen und Google-Übersetzer“, sagt Anna Diepenbruck. Auffällig sei vor allem die zurückhaltende Höflichkeit ihres Gastes gewesen. „Bei der Anprobe bei H & M hat sie zum Beispiel die Schuhe vor der Umkleide ausgezogen“, erzählt die 16-Jährige.
Für Kanoka Matsumoto hingegen war die lockere Gastlichkeit der Diepenbrucks eine neue Erfahrung: „Ich fand es toll, dass ich nach so kurzer Zeit die Großeltern von Anna kennenlernen durfte. In Japan geht das nicht so schnell“, sagt sie.
Auch die gemeinsamen Ausflüge mit der ganzen Gruppe seien eine Bereicherung gewesen. „Bei einem Besuch im Haus der Geschichte in Bonn haben wir mehr über den Zweiten Weltkrieg erfahren“, sagt die 16-jährige Japanerin.
Während des zwölftägigen Aufenthalts gab es fast keinen Tag, an dem für die Jugendlichen keine Aktion eingeplant war. Sie waren unter anderem Wasserskifahren in Duisburg, haben Düsseldorf und Köln besichtigt und sich in Recklinghausen ein Bergwerk angesehen.
Bei den Ausflügen der Jugendlichen war immer ein Dolmetscher dabei. Das erleichterte Kai Neiderek, der durch das Programm führte, die Arbeit. Der angehende Sport- und Fitnesskaufmann des Sportclubs hatte sich den Austausch als ein Projekt für seine Ausbildung ausgesucht. „Es ist vor allem ein kultureller Austausch, bei dem sich die Jugendlichen kennenlernen können. Und Freundschaften schließt man leichter durch gemeinsames Sporttreiben“, sagt er.
So lernte Akira Inazuka neben neuen Freunden auch bisher für ihn unbekannte Sportarten kennen: „Crossboccia und Stand-Up-Paddling fand ich sehr gut. Das gibt es in Japan nicht“, sagt der 16-Jährige. Dafür konnte Inazuka auch seinem Gastgeber etwas Neues zeigen. In seiner Heimat übt er nämlich Shaolin-Faustkampf aus.
Auch wenn die deutsche Küche und das Essen mit Gabel und Messer ungewöhnlich gewesen sei, habe er sich bei Arthur Thiel und seiner Familie wohlgefühlt.
„Akira hat mir viele Fotos von seiner Familie und seiner Heimat gezeigt. Wir hatten immer viel Spaß“, sagt der 15-jährige Gastgeber und fügt lächelnd hinzu: „Auch wenn er, selbst wenn wir hätten ausschlafen können, jeden Tag um sieben Uhr aufgestanden ist, finde ich es schade, dass die Zeit jetzt schon um ist.“
Thiel freut sich jetzt schon auf seinen Gegenbesuch in Japan im nächsten Jahr.
Am Sonntag ging es dann für die sechs Krefelder Gäste zusammen mit 79 weiteren jungen Sportlern aus Japan, die in anderen Bundesländern zu Gast waren, zurück Richtung Heimat.