Freie Rettungshundestaffel: Schnüffeln, finden, retten
Bei der Freien Rettungshundestaffel werden 20 Hunde darauf trainiert, Menschen zu suchen.
Krefeld-Bockum. Aufgeregt läuft Henry durch die Gegend, schnüffelt auf dem Boden und wedelt mit dem Schwanz. Er weiß, dass seine Trainingseinheit jetzt beginnt. Der neun Monate alte Hovawart ist einer der 20 Hunde der Freien Rettungshundestaffel Krefeld. „Sobald der Hund seine Kenndecke angezogen bekommt, weiß er, dass es ernst wird“, erklärt Christine Petersen, stellvertretende Staffelleiterin. „Das ist ein wichtiges Ritual. Wenn die Decke ausgezogen wird, ist dem Hund klar, dass er Feierabend hat.“
Henry wird ausgebildet in Flächen- und Trümmersuche. Außerdem können Hunde bei dem Verein im Mantrailing, also in der personenbezogenen Suche, geschult werden. Obwohl Henrys Besitzerin, Sabine Wahl erst seit dem Frühjahr dabei ist, ist ihr Hund schon sehr weit in der Ausbildung. „Wir haben einfach Spaß an der Sache, das ist sehr wichtig.“
Beim Training verstecken sich drei bis vier Personen im umliegenden Gelände oder in leerstehenden Gebäuden. Der Hundeführer fragt dann, wie viele Menschen vermisst werden und auf welchem Gebiet zu suchen ist. „Drei Opfer in Wald und Flur“, gibt Petersen die Anweisung.
Dann geht es los. „Such und hilf“, ruft Wahl. Henry läuft frei los und sucht die Zimmer einer alten Baracke ab. Plötzlich hört man ihn in einem der Zimmer bellen — er hat die erste Person gefunden. Diese Methode heißt Verbellen, im Gegensatz zum Rückverweisen, wenn Hunde zu ihren Haltern zurückkehren.
„Hunde können ein Gelände auf menschliche Witterung hin absuchen“, sagt Silke Unger, die Staffelleiterin. Ähnlich laufe es bei der Gebäude- beziehungsweise Trümmersuche. „Beim Mantrailing hingegen wird dem Hund ein Geruchsgegenstand der vermissten Person angeboten, so dass er nur nach einem bestimmten Menschen sucht.“
Unger muss stets erreichbar sein. Ihre Handynummer ist bei Rettungsleitstellen der Region hinterlegt. Im Jahr 2010 hätten die Hunde zehn, 2011 nur drei Einsätze absolviert: „Das variiert also sehr stark“, sagt sie. Oftmals geht es um die Suche nach älteren, verwirrten Menschen. „Die meisten von uns kommen aus dem medizinischen Bereich, so dass wir auch mit schweren Fällen umgehen können, selbst wenn wir bisher keine psychologische Schulung absolviert haben“, erzählt Christine Petersen.
Die Hundehalter müssen sich viele Kompetenzen aneignen: „Zur Vorbereitung gehört ein Funklehrgang, und wir müssen mit Karte und Kompass umgehen können. Außerdem muss man Erste Hilfe in erweiterter Form anwenden können sowie Erste Hilfe am Hund.“ Sogar Knotenkunde sei notwendig, unter anderem zum Abseilen.
Jeder Hund kann zum Rettungshund ausgebildet werden, ob Rassehund oder Mischling. „Schön ist ein natürlicher Suchwille des Hundes. Außerdem sollte er wesensfreundlich und nicht ängstlich sein“, sagt Petersen.
Trainiert wird auf verschiedenen Geländen, so zum Beispiel auf einem brachliegenden Grundstück an der Emil-Schäfer-Straße oder auf dem Trümmergelände des Technischen Hilfswerks. „Wir sind ständig auf der Suche nach neuen Gebieten“, sagt Petersen. Und Unger fügt hinzu: „Darum fahren wir auch oft durch die Gegend auf der Suche nach brachliegenden Geländen oder sprechen mit Abrissfirmen. Toll wäre es, weitere Bauruinen oder Waldgebiete zu finden.“
Henry darf an richtigen Einsätzen noch nicht teilnehmen. Meist dauert es eineinhalb bis zwei Jahre, bis die Hunde ihre erste Prüfung durchlaufen, um ihre Einsatzfähigkeit zu testen. Für heute ist Henry aber erst mal fertig mit dem Training und wird ausführlich gelobt.