WILDTIERE IN DER STADT Marder tötet bei Raubzug neun Haustiere

Krefeld · Monika Giesen fand ihre Tiere am Morgen ohne Köpfe in ihrem Garten in Oppum. Nur zwei Enten überlebten. Experten raten zu abschließbaren Ställen.

Die Oppumerin Monika Giesen mit ihrer Ziege. Von ihren elf Hühnern und Enten sind ihr nur noch zwei Tiere geblieben. Eine Ente wurde verletzt, eine hatte sich versteckt.

Foto: Lothar Strücken

Zehn Jahre lang war „Hanni“ Monika Giesens Haustier. Der kleine Hahn war handzahm. Gerne war er bei ihr, wenn sie im Garten saß. So wie auch die restliche Schar gerne pickend um den Kaffeetisch herumsaß oder lief. Am Montagmorgen fand die Oppumerin „Hanni“ tot in ihrem Garten – gemeinsam mit einem weiteren Hahn, fünf Hühnern und zwei Laufenten. Bei allen waren die Köpfe abgebissen. Nur eine kleine schwarze Ente muss sich irgendwie versteckt haben und überlebte, so wie eine blinde Ente, die nur verletzt wurde. „Ob sie es schafft, weiß ich aber noch nicht“, sagt Monika Giesen.

Gleich im Verdacht hatte die Oppumerin einen Marder. Und noch am Abend entdeckte sie dann auch einen im Garten, als sie das Licht ausmachte. „15 Jahre habe ich schon Hühner, und es ist noch nie etwas passiert“, sagt die 68-Jährige, die an der Bökendonk wohnt. Auch ihre Eltern in der Nachbarschaft hätten schon immer Tiere gehabt und so etwas noch nie erlebt.

Der erste solche Fall, von dem er hört, ist es auch für Axel Heimendahl, lange Vorsitzender des BUND Krefeld und heute im Verein Experte für Natur-, Landschafts- und Umweltschutz. Eine Überraschung ist es für ihn nicht: „Für die Besitzerin ist es eine Katastrophe, leider kann das passieren, wenn Marder eindringen können.“

Wildtiere rücken in
die Innenstadt vor

Dass Steinmarder – und um einen solchen habe es sich mit Sicherheit gehandelt – in Wohngebieten unterwegs sind, sei typisch. „Sie sind Kulturfolger. Im Gegensatz zu Baummardern, die nur in Wäldern zu finden sind, fühlen sich Steinmarder zu menschlichen Behausungen hingezogen“, sagt Heimendahl. „Wir müssen lernen, mit ihnen zu leben.“ Früher hätten sie eher am Stadtrand gelebt, zum Beispiel auf Bauernhöfen. Heute hätten diese Wildtiere auch keine Angst, sich weiter in die Städte zu begeben – wie auch die leidvolle Erfahrung mancher Autobesitzer zeigt, in deren Wagen sie sich über Schläuche hergemacht haben.

„In die Stadt zu kommen, ist ja schlau. Sie ist für sie ein sehr geschützter Raum. Hier gibt es keine Jäger, keine natürlichen Feinde“, erläutert Heimendahl. Außerdem brauchen die kleinen Raubtiere sich selbst kein Dach über dem Kopf schaffen, schlüpfen in Speichern, Gartenhäuschen oder Scheunen unter. Und es gibt genug Nahrung wie Ratten oder Mäuse. Vor Menschen haben Steinmarder keine Angst und leben mit ihnen eher aneinander vorbei, weil die Tiere nachtaktiv sind. Heimendahl rät allen, die Kleintiere haben, diese unbedingt nachts im Stall zu halten.

Bei Monika Giesen hat das nicht geholfen. Ihre Tiere, die sie fast alle selbst großgezogen hat, waren nachts im Stall, konnten allerdings bei Sonnenaufgang immer alleine herauskommen. Als Giesen sie fand, lagen sie überall verstreut. Was wie ein Blutrausch wirkt, sei eine Art „Reizüberflutung“, sagt Heimendahl. Während ein hungriger Fuchs sich meist ein Huhn fange, könne es beim Steinmarder anders ausgehen. „Der ist nicht irgendwie böse. Er will ein Huhn fangen, um ihn herum flattert es wie wild, da dreht er ein bisschen durch.“

Mit einer ungehemmt wachsenden Zahl von Steinmardern sei nicht zu rechnen, sagt Stadtförster Jens Poschmann. Es gebe keine Überpopulation in Krefeld. „Steinmarder haben feste Reviere. Außer in der Paarungszeit sind sie Einzelgänger.“ Von Fällen wie in Oppum hat er bisher nichts gehört. Aus Benrad habe ihn vor Wochen eine Hühnerbesitzerin angerufen. Ihr fehlte ein Tier. „Das spricht aber eher für einen Fuchs.“