Krefeld Tag der Philosophie: Warum Heimat auch ein Krankheitsbild sein kann

Oberstufenschüler des Gymnasiums Horkesgath geben viele Antworten auf die Frage: „Was ist Heimat?“

Krefeld: Tag der Philosophie: Warum Heimat auch ein Krankheitsbild sein kann
Foto: Mark Mocnik

Krefeld. Die Beschäftigung mit Philosophie scheint cool zu sein. Rappelvoll ist es am Donnerstagabend im Atrium der Mediothek und aus allen Ecken werden Stühle herangeholt, um dem meist jungen Publikum einen Sitzplatz zu bieten. Seit sieben Jahren veranstaltet das Gymnasium Horkesgath in Zusammenarbeit mit der Mediothek einen Philosophieabend. Das Datum steht grundsätzlich fest: Es muss der dritte Donnerstag im November sein, denn den hat die UNESCO zum Tag der Philosophie erklärt. „Es ist das Ziel, Philosophie für breitere Schichten zugänglich zu machen,“ erläutert die Lehrerin Franziska Holzhauer-Pansa.

Rund 25 Schüler der Oberstufe haben für diesen Anlass kreativ Bühnenreifes erarbeitet. „Manche sind das Thema Heimat, das ich vorgegeben habe, analytisch, andere wiederum emotional angegangen. Und es ist schon etwas Besonderes, die Ergebnisse dann im öffentlichen Raum zu präsentieren.“ Wissenschaftlich geht es mit einer Entwicklung des Begriffes Heimat los. In ihrem Kurzfilm „Entwicklung des Heimatbegriffes“ schildern Eduard und Vladislav den Bedeutungswandel seit der Antike. Im Mittelalter sahen die Christen ihre Heimat im Jenseits, im irdischen Zusammenhang verstand man darunter den Geburtsort beziehungsweise das Herkunftsland. Im 19. Jahrhundert gilt das Vaterland als Heimat, im 20. Jahrhundert wird Heimat unter den Nazis zu einem Teil der rassistischen Ideologie.

In den 50er Jahren befreit man den Begriff schnell von dieser Bedeutung und mit dem Aufkommen der Heimatfilme wird Heimat zum Teil einer heilen Welt. Völlig unsentimental fällt die aktuelle Definition der beiden aus: „Heimat ist ein nuttiger Begriff; er schmiegt sich an jeden an, hat für jeden eine andere Bedeutung.“ Das zeigen die nachfolgenden Gedichte. In einer systematischen Programmgestaltung werden erst einmal die mehr emotionalen Aspekte thematisiert. „Heimat ist ein Gefühl, Heimat schenkt Geborgenheit, du bist der Ort, an dem ich sein kann“ erklären Luzie, Maxi und Hannah. „Dir werd’ ich immer einen Platz in meinem Herzen schenken“, gesteht eine Schülerin. Auch in Songs mit E-Piano-Begleitung drücken Schülerinnen auf Englisch ihre Gedanken aus. Natürlich gehört Heimweh zum Thema. Vivi und Aleks philosophieren in einem gut vorbereiteten Interview darüber, ob Heimweh ein Krankheitsbild sei. Deborah beantwortet in ihrem Essay die Frage „Brauchen wir Heimat im Zeitalter der Globalisierung?“ Heute sei es schwer, nur einen einzigen Ort als Heimat zu bezeichnen. Schließlich gehöre für viele im Studium und Arbeitsalltag dazu, sich zeitweise im Ausland aufzuhalten. Den Zeitgeist bringt Simon witzig mit einem Gedicht über die virtuelle Heimat in seiner Neuinterpretation des Erlkönigs.

Die aktuellen Ereignisse um Flucht und Zwänge, die Menschen dazu veranlasst, ihre Heimat zu verlassen, macht Kenny in seinem faktenreichen Essay „Wem gehört die Heimat? - Eine politische Betrachtung“ anschaulich. Dem abschließenden Lob ihrer Philosophielehrerin Holzhauser-Pansa kann man sich nur abschließen: „Ihr könnt stolz auf Euch sein!“ Ein äußerst kurzweiliger und anspruchsvoller Abend!