Krefeld Wer kann Iris Berg helfen?

Die Tönisvorsterin sitzt in einem elektrischen Rollstuhl und muss beatmet werden. Sie sucht nach einer Pflegekraft aus der Region.

Foto: Bischof

Krefeld. Eine junge Frau öffnet die Tür. Sie lächelt und führt uns ins Wohnzimmer. Dort wartet die 48-jährige Iris Berg. Berg sitzt seit 15 Jahren in einem elektrischen Rollstuhl, seit fünf Jahren wird sie künstlich beatmet. Seit Monaten sucht die Frau aus Tönisvorst nach einer Pflegekraft, die sie im Alltag unterstützt — auch in Krefeld. Erfolglos.

Bergs Diagnose, die keine genaue ist: Muskeldystrophie. „Man konnte mir sagen, dass es eine Muskelerkrankung ist, aber keine genaue Diagnose und auch nicht, wie die Erkrankung sich entwickelt“, sagt die 48-Jährige.

Iris Berg lebt zusammen mit ihrem Mann und ihrer 22-jährigen Tochter in Tönisvorst. In ihrem Alltag ist sie auf eine 24-Stunden-Intensivpflege angewiesen. Der Grund, warum sich die erkrankte Frau an die WZ gewendet hat: „Wir sind immer auf der Suche nach Personal, aber leider ist die Heimbetreuung nicht wirklich präsent bei den Leuten“, erklärt Berg. Sie kann sich mit dem elektrischen Rollstuhl weitgehend frei bewegen, benötigt aber wegen der Beatmung eine 24-Stunden-Betreuung: „Ich glaube, viele wissen gar nicht, dass auch bei einer Patientin, die beatmet werden muss, noch Leben stattfindet“, sagt Berg. Anders kann sich die Tönisvorsterin nicht erklären, warum sich kein Personal auf die Stellenanzeigen meldet, die vom beauftragten Pflegedienst geschaltet wurden: „Das Problem ist, dass die Pflegekräfte oft von weit herkommen und das ein unheimlicher Aufwand ist“, berichtet Berg.

Die junge Frau, die die Tür geöffnet hat, ist Bergs Pflegerin. Jasmin Peraltaguzman kommt aus Kalkar und fährt jedes Mal knapp 70 Kilometer, bis sie bei Berg in Tönisvorst ist: „Momentan arbeiten hier vier Vollzeitkräfte in Zwölf-Stunden-Schichten und eine Teilzeitkraft. Es funktioniert nur durch die enorme Menschlichkeit der Pfleger.“

Berg ist diesen Menschen dankbar, die 24 Stunden am Tag für sie da sind. Für sie bedeutet die Hilfe der Pflegekräfte ein großes Stück Normalität: „Wenn das mal nicht klappen würde mit einer Pflegekraft, müsste ich ins Krankenhaus. Und man will doch ungern seine häusliche Umgebung verlassen“, gesteht Berg mit dem Blick auf ihr gemütlich eingerichtetes Wohnzimmer.

Alles ist ebenerdig erreichbar und was möglich ist, macht die Tönisvorsterin noch selbst: „Im Kopf bin ich Hausfrau und Mutter und keine Kranke“, betont sie.

Die Frau, die mit Bedacht ihre Worte wählt, wirkt nicht wie eine kranke Frau. Wenn da nicht der elektrische Rollstuhl und das Beatmungsgerät wären . . . Iris Berg will ihren Hobbys nachgehen, Spaß haben. Sie will sich nicht zu Hause einschließen, weil sie beatmet wird und auf den Rollstuhl angewiesen ist.

Die meiste Hilfe braucht Berg vor allem morgens und abends: „Es dauert schon etwa drei Stunden, bis ich so aussehe, wie jetzt“, sagt die 48-Jährige. Den restlichen Tag falle im Normalfall nicht so viel Arbeit für die Pflegekräfte an: „Es kann natürlich auch mal vorkommen, dass ich mich verschlucke oder ein Sekretstau auftritt, dann müssen die Pflegekräfte helfen.“ Ein Großteil des Tages bestünde aus ganz normalen Aktivitäten wie Kochen oder einkaufen gehen: „Es ist auch einfach mal schön, aus dem Haus zu kommen“, erzählt Berg.

Vor 20 Jahren habe ihre Erkrankung begonnen. Sie fing mit einer Muskelschwäche an, die rasch dazu führte, dass die Tönisvorsterin auf einen Rollstuhl angewiesen war: „Durch die künstliche Beatmung, auf die ich seit fünf Jahren angewiesen bin, wurde uns die letzte Privatsphäre genommen“, sagt Berg. Gerade darum sei es ihr auch so wichtig, dass sie noch viel unternehmen kann. Das sei aber nur möglich, wenn sie rund um die Uhr von examinierten Pflegekräften unterstützt werde.

Jasmin Peraltaguzman arbeitet seit Sommer 2015 bei Berg: „Ich bin sehr gerne hier. Im Altenheim war es sehr stressig und man hatte wenig Zeit für die Bewohner. Hier ist das anders.“

Durch die verschiedenen Aktionen, die Berg unternimmt, empfindet Peraltaguzman ihre Arbeit als sehr abwechslungsreich. Ihre Patienten blickt voller Mut in die Zukunft blickt und wünscht sich vor allem eines: „Freiräume, die nichts mit der Krankheit zu tun haben.“