Mondlandung Wie die Krefelder die erste Mondlandung erlebten

Krefeld · Die Berichte aus dem Juli 1969 zeigen, dass man hier sehr fantasievoll war, als Neil Armstrong den Mond betrat.

Auf dem Ostwall verfolgten einige Rentner mit einem Batterie-Fernsehgerät die Ereignisse.

Foto: Stadtarchiv Krefeld

Der Sommer 1969 war sehr heiß. Die Menschen in Krefeld suchten Abkühlung und Zeitungen empfahlen Erfrischungsdrinks. In der Stadt fieberten die Menschen in diesen Juli-Tagen aber nur einem Tag mit Spannung entgegen – dem 20. Juli, dem Tag der ersten Mondlandung. Die Krefelder verfolgten vor allem die Zeitungsberichte um das Ereignis. Zahlreiche standen auch vor den Schaufenstern der Radio- und Fernsehgeschäfte, um die Übertragungen live aber ohne Ton zu verfolgen. Und in den Kinderzimmern standen in jenem Sommer Raketen hoch in Kurs.

Den Höhepunkt der Apollo-Mission mit den drei Astronauten Neil Armstrong, Edwin „Buzz“ Aldrin und Michael Collins am Sonntag, 20. Juli, verfolgten die Menschen in den USA zur Hauptsendezeit. Da war es in Krefeld schon Montagfrüh. Gebannt schauten auch die Seidenstädter auf die flimmernden Mattscheiben ihrer SchwarzWeiß-Fernseher als Armstrong um 3.56 Uhr mitteleuropäischer Ortszeit jenen kleinen Schritt für ihn auf die staubige Oberfläche des Erdtrabanten machte. An diesem Montag erschienen Sonderausgaben in Krefeld über die Landung, die zum Teil sogar kostenlos verteilt und den Zeitungsmachern aus den Händen gerissen wurden. Auf den Monitoren in den Schaufenstern der Radio- und Fernsehgeschäfte lief ausschließlich Bildmaterial von der Mission. Die Menschen verweilten und schauten konzentriert zu. Auf dem Ostwall hatten es sich vier Rentner mit einem batteriebetriebenen Fernseher bequem gemacht. Sie sahen den ganzen Tag auf dem Boulevard in aller Seelenruhe und mit Zigarre, was Armstrong und Co. auf dem Mond und ihrer Rückreise machten.

Die hiesige Presse berichtete ausführlich am Dienstag, 22. Juli, über die Erlebnisse und Eindrücke der Seidenstädter: Wer einen Platz vor einem Fernseher ergatterte, schätzte sich glücklich, diese Momente miterleben zu können. Einige der TV-Geräte waren jedoch so alt, dass sie erst eine halbe Stunde zum „vorglühen“ benötigten, um die Live-Bilder vom Mond zeigen zu können. „Mondseher benötigen 20 Prozent mehr Strom“ titelte eine Krefelder Tageszeitung auf ihrer lokalen Seite eins. Zwischen Sonntag und Montag sei vermutlich wegen der zahlreichen Fernseher, Kaffee kochen und Licht einschalten mehr Strom verbraucht worden. Der erhöhte Stromverbrauch mag auch auf die vielen „Leih-Fernseher“ zurückgegangen sein. In einer Meldung stand, es habe in Krefeld kein Geschäft mehr gegeben, in dem es auch nur noch einen „Leih-Fernseher“ gab. Alle Geräte seien weg, man hätte unzählige mehr verleihen können. Der Verkauf von TV-Geräten sei aber nicht gestiegen, wie es bei großen Sportveranstaltungen beobachtet werden konnte.

Die Nacht der Mondlandung blieb es in Krefeld friedlich. Die Polizei meldete keine Einsätze zwischen 3.19 und 5 Uhr in der Früh. Eine Krefelder Zeitung berichtete am Dienstag, dass die Seidenstädter trotz der Eroberung des Mondes immer noch mit beiden Beinen fest auf der Erde stehen – allerdings mit wackligen Knien am Montag bei der Arbeit angesichts der kurzen Nacht. Bei der Arbeit, in der Schule, bei Ämtern und Behörden gab es dann nur ein Thema: der Flug zum Mond. Am Tag nach der Mondlandung – so berichtete es eine Krefelder Tageszeitung, die sich ausdrücklich für den Wahrheitsgehalt der Geschichte verbürgte – sei ein Mann in ein hiesiges Reisebüro gegangen und habe sich über eine Reise zum Erdtrabanten erkundigt. Dort sei seine Nachfrage nicht auf Erstaunen gestoßen, sondern ernsthaft behandelt worden. Der Reisekaufmann erklärte, ja, es würden solche Anfragen derzeit in London gesammelt. Einen Termin für einen Mondflug gäbe es jedoch noch nicht. Deswegen würde noch keine Anzahlung notwendig.

Die Zeitungen veröffentlichten natürlich auch zahlreiche Stimmen zu den Ereignissen im Weltall. Manche waren einfach sprachlos, andere dachten schon an einen Flug zum Mars – vielleicht in zehn Jahren. Ein Blatt befragte gezielt Frauen: Die Krefelderinnen verneinten die Frage, ob sie ihre Männer nun auf den Mond schießen wollen. Aber selbst als Astronautin zu Frau Luna reisen? „Für mich zu aufregend!“, meinte eine Befragte. Dass sie als Frau ebenfalls Raumfahrerin werden könnte, hielt sie für zweifelhaft. Zumindest nicht in der nächsten Zeit. „Vielleicht in 20 Jahren, wenn ohnehin jedermann zum Mond fliegt.“ Red