Eine Fachfrau erobert die Männerwelt
Brigitte Holczer ist Marketing-Spezialist bei der Firma Erbslöh in Krefeld.
Krefeld. "Wenn ich eine Fachtagung besuche, dann sind da vielleicht 300 Männer und höchstens fünf Frauen", berichtet Brigitte Holczer. Kein Wunder: Die Visitenkarte weist die Außendienst-Mitarbeiterin der Firma C. H. Erbslöh als "Marketing-Spezialist für Polymere und Polymeradditive im Bereich Gummi- und Kunststoff-Industrie" aus.
Die Chemie-Fachfrau zögert keinen Moment, plastisch ihre Laufbahn zu schildern, ohne die Holperstrecken auszulassen.
Auf dem Mädchengymnasium, das Brigitte Holczer in der Nähe von Stuttgart besuchte, fiel sie durch den dringenden Berufs-wunsch auf, Astronautin zu werden. Das klappte aber nicht, u.a. wegen der Sehschärfe.
Mehr oder vielleicht auch weniger elegant nahm Brigitte Holczer kurz vor dem Abitur die Kurve, um in der naturwissenschaftlich-technischen Akademie im bayerischen Isny chemisch-wissenschaftliche Assistentin zu werden.
Die nächste Kurve war vor dem Abschluss des nachfolgenden Studiums im Fach Chemie fällig. Eine heftige Allergie vertrieb sie aus dem Labor. Sie schickte als halbfertige Chemie-Ingenieurin 22 Bewerbungen an diverse Chemie-Adressen und bekam zwei Zusagen.
Beim Spezial-Chemikalien- und Industrie-Mineralien-Händler in Hamburg ging sie vor Anker und zog mit der Firma nach Krefeld um, als die ihre neue Zentrale an der Düsseldorfer Straße eröffnete.
Brigitte Holczer hat zwei große Talente: Sie geht mit offensiver Freundlichkeit auf die Menschheit zu. Sie kann laientauglich und sehr lebendig über den Zusammenhalt von Molekülketten referieren.
Der umfassende Überblick über die einschlägige Industrie und deren Aufgaben hat sie in mehr als 15 Jahren zur versierten Fachfrau gemacht, die ihre Weisheiten auch in fremden Sprachen formulieren oder bei Bedarf Probleme der Kunden im Labor lösen kann.
Wenn sie den Dienstwagen vom Erbslöh-Gelände rollen lässt, um ihr süddeutsches Revier anzusteuern, dann weiß sie, dass sie dort viele Bekannte trifft, die sehr viel davon halten, dass eine Frau sich so sachkundig in der Männerwelt der Elastomere umtut. Nur eins setzt ihrer Reise- und Kontaktfreude Grenzen: "Ständig sind Staus."