Schul-Modellprojekt: Alle Erwartungen übertroffen

In einer Bilanz fällt das Urteil der sechs Schulleiter überaus positiv aus. Sie befürchten jedoch, dass das Projekt nicht oder nur stark eingeschränkt fortgeführt wird.

Fast 50 Prozent aller Krefelder Schulen haben sich 2002 freiwillig auf den Weg gemacht, um innerhalb des größten NRW-Modellprojekts aller Zeiten die Selbstständigkeit zu lernen und in Form unternehmerischen Handelns umzusetzen. Der Aufwand war erheblich, angefangen von Weiterbildungsmaßnahmen für Schulleiter und Lehrkräfte über die Entwicklung und Durchführung themenbezogener Projekte bis zur Neuorientierung bei den Unterrichtsmethoden und der Schulorganisation.

Die Einzelprojekte reichen von gemeinsamen Programmen der Grundschulen mit Kindertagesstätten bis zur Praktika- und Ausbildungsvermittlung bei weiterführenden Schulen. Laut Aussage der sechs Schulleiter, die die WZ in ihrer Serie vorgestellt hat, haben sich die Anstrengungen für die Schulen mehr als gelohnt. Unter anderem hat sich eine neue Unterrichtskultur entwickelt.

Ein Schwerpunkt des Modellprojekts war und ist die Verbesserung der Qualität des Schulunterrichts, um die in der Pisa-Studie festgestellten Defizite auszumerzen. Vor allem sollen die soziale Kompetenz und die Teamfähigkeit der Schüler gestärkt werden. Dies sei bis jetzt gelungen. Wesentliche Voraussetzung dafür waren hochwertige Weiterbildungsmaßnahmen für die Lehrkräfte durch Top-Trainer und -Moderatoren. Viele Klassenräume können inzwischen flexibel je nach Bedarf und Unterrichtsmethode genutzt und zum Beispiel mit moderner Medientechnik wie PCs, Laptops und Beamern ausgestattet werden.

Die Schulleiter haben neue Management- und Organisationsmethoden "gebüffelt", weil das selbstständige Wirtschaften mit eigenen Budgets eine mit einem Unternehmen vergleichbare Betriebsführung erfordert. Das Einstellen von Fachpersonal ist ebenso neu wie das Erstellen von Finanzierungsplänen. Positiver Nebeneffekt: Die Bildungslandschaft habe sich positiv verändert, loben Schulleiter wie Schulverwaltung die Zusammenarbeit, die zudem die Kreativität fördert.

Vor allem die Personalplanung erfordert das Einschlagen neuer Wege. Der klassische Lehrer allein reicht nicht mehr aus - auch nichtlehrendes Personal ist nötig. Schulformen wie Förder-, Haupt- und Gesamtschulen mit einer höheren Zahl an Schülern aus sozial schwierigen Verhältnissen kommen nicht länger ohne Unterstützung von Sozialpädagogen, Psychologen oder gar Therapeuten aus.

Ebenso müssten Schulen mit hohem technischen Aufwand - wie in anderen europäischen Ländern längst üblich - Techniker für die Betreuung der Computeranlagen und der Versuchsausstattung für den Physik- und Chemieunterricht einstellen. Bei anderen Projekten waren Logopädinnen, Erzieherinnen, Künstler, Mathematikstudenten und erfahrene Pensionäre erfolgreich im Einsatz. Dies war zwar befristet im Rahmen des Stellenplans mit den ins nächste Jahr übertragbaren Mitteln des Modellprojekts möglich, aber gilt das auch für die Zeit danach?

Das Projekt soll unter dem neuen Namen "Eigenverantwortliche Schule" fortgeführt werden, sieht die Schulverwaltung positive Signale des NRW-Ministeriums für Schule und Weiterbildung über Mitte 2008 hinaus. Schulleiter Werner Vollmer von der Linner Burg-Schule (nicht im Bild) hegt jedoch Bedenken, dass "das Kind" nur einen anderen Namen bekommt, um in abgespeckter Form weiterzulaufen.

"Wenn Bildung einen höheren Stellenwert haben soll, müssen wir weitermachen", fordert Hildegard Reintges von der Gemeinschaftsgrundschule Horkesgath (Foto). "Es ist ein Qualitätsschub entstanden, der die ganze Schule erfasst hat, und den es zu erhalten gilt." Schließlich beabsichtigen viele der bislang nicht beteiligten Krefelder Schulen in das Modellprojekt einzusteigen.

"Wenn schon unsere Schüler fordern, die Neuerungen wie Gruppentherapie im Unterricht beizubehalten, ist das doch die beste Bestätigung", hofft Claudia Kohlstedt, Schulleiterin der Erich-Kästner-Schule (Foto) inständig, dass die finanziellen Mittel weiter bereitgestellt werden.

"Bleibt die Hoffnung, dass unser Gestaltungsspielraum nicht gnadenlos zusammengestrichen wird", formuliert es Jochen Adrian, Schulleiter der Gesamtschule Kaiserplatz (Foto). Bedauerlich wäre ein Nachlassen der Förderung schon deshalb, weil die Zwischenbilanz des Projekts die Erwartungen übertrifft.

In einer ersten Bilanz der Schulverwaltung heißt es, dass die beteiligten Schulen signifikant besser abschneiden als die anderen.

Germaine Janßen-Schaffrath, Schulleiterin des Berufskollegs Kaufmannsschule (Foto), fasst zusammen: "Wenn der gewonnene Gestaltungsspielraum und zumindest ein Teil der finanziellen Mittel nicht beibehalten werden, kann der hohe Standard nicht gehalten werden. Schule braucht Verlässlichkeit."

Fazit: Jede Schule setzt eigene Schwerpunkte und profiliert sich dadurch. Dies ist nur möglich wegen der neuen "unternehmerischen Freiheit" und der zusätzlichen und übertragbaren finanziellen Mittel.