Wirtschaft und Schule: Nachhilfe in alten Tugenden

Kooperation zwischen Wirtschaft und Schule: Die Erich-Kästner-Schule und der Wellenhersteller Gemo arbeiten zusammen.

Krefeld. Um die Zusammenarbeit mit einer Förderschule haben sich die Unternehmen bisher nicht gerissen. Nun startet mit der Erich-Kästner-Schule die erste Kooperation dieser Art - und zwar mit der Gemo G. Moritz GmbH & Co KG und deren 80 Mitarbeitern an der Saalestraße. Insgesamt gibt es mittlerweile 40 Schulen am linken Niederrhein, davon zwölf in Krefeld, die innerhalb des "Kooperationsnetzes Schule/Wirtschaft" regelmäßige Beziehungen pflegen.

"Wir reden viel über Elitenförderung, aber bis zu 80 000 junge Menschen haben in Deutschland keinen Ausbildungsplatz. Was wird aus diesen Kindern, wenn wir uns nicht auch um die kümmern, die keine Ausbildung und Perspektive haben?", schnitt Detlev G. Moritz, geschäftsführender Gesellschafter des Krefelder Wellenherstellers Gemo, unter großem Beifall der Gäste ein sozialkritisches Thema an. Krefeld sei leider keine Ausnahme unter den Städten mit einer hohen Zahl an Schulabgängern ohne Ausbildungsstelle, räumte Oberbürgermeister Gregor Kathstede ein und lobte das Engagement des Unternehmens und der Unternehmerschaft Niederrhein, die als "routinierte Heiratsvermittler" Krefeld und die Region zum Pionier erfolgreicher Kooperationen gemacht hätten.

Offene Ohren fand das Stadtoberhaupt damit auch bei Schulleiterin Claudia Kohlstedt, die mit ihrem 15-köpfigen Kollegium ihre Förderschule als letzte Durchgangsstation für Schüler auf dem Weg zurück zur Regelschule sieht. "Wer will uns schon?", dachte sie insgeheim und bemühte sich zunächst gar nicht um einen Kooperationspartner, bis ein ehemaliger Kollege zu Hilfe kam und den Kontakt zu Gemo anbahnte. "Das ist, als ob ein Mann seine Traumfrau per Zufall beim Bäcker trifft", scherzte sie.

Weil der Unterricht mit den Schülern große Flexibilität erfordert, hat sie sich mit Unternehmenschef Moritz entgegen dem Modellkonzept auf ein flexibles Vorgehen mit Lerneffekt für alle Beteiligten geeinigt. "Unser erster Schwerpunkt soll die Vermittlung sozialer Urtugenden an die Schüler durch unsere Mitarbeiter sein", sagt Moritz: Pünktlich kommen, sich gegenseitig helfen, kollegial verhalten, zuverlässig sein.

"Unsere Mitarbeiter können zum Beispiel bei Praktika die Spielregeln in einem Betrieb, aber auch den Spaß an der Arbeit glaubhaft vermitteln. Und wenn es dann passt, kann ich mir den ein oder anderen Schüler der Erich-Kästner-Schule durchaus als Auszubildenden bei uns vorstellen", stellt er gegenüber der WZ sogar Lehrstellen in Aussicht - schöne Aussichten für die Schule und ihre Schüler.