Einzelhandel Wo Shopping-Opfer gerne warten...

Die einen lieben es, andere können sich nichts Schlimmeres vorstellen: einkaufen. Die WZ hat Ruheoasen im Shopping-Wahnsinn gesucht.

Foto: DJ

Krefeld. Stundenlang durch die Geschäfte ziehen, sich die Beine in den Bauch stehen, die Jacke ist für drinnen viel zu warm, die Tüten viel zu schwer und sowie so wäre man lieber ganz woanders . . . Shoppen kann ja so anstrengend sein!

Dann plötzlich: eine kleine Oase inmitten von Kleiderständern. Ein gemütlicher Sessel lädt zum Verweilen ein, ein Kaffeeautomat brüht auf Knopfdruck los und die „Auto, Motor, Sport“ ist aktuell. Das freut Mann und Frau — Achtung, Klischee — gleichermaßen: Er kann sich ausruhen, sie kann in Ruhe nach Klamotten schauen. Was bietet der Krefelder Einzelhandel seinen Kunden an Orten zum Verweilen? Und wie wichtig ist den Kunden eine solche Ausstattung überhaupt? Die WZ hat sich mal in der City umgeschaut.

„Wir gehen die erste halbe Stunde zusammen shoppen, danach trennen wir uns aus zwischenmenschlichen Gründen“, erklärt Werner Beninde, der mit seiner Frau Sabine, auf der Königsstraße unterwegs ist. Ihre Erfahrung: „Frauen und Männer können nicht zusammen shoppen, das geht einfach nicht.“ In einer Sitzecke möchte Werner Beninde deshalb aber nicht geparkt werden. „Ich möchte mich nicht zwangsbeschäftigen. Da gehe ich lieber in ein Café und mache mit meiner Frau einen Treffpunkt aus.“ Die ergänzt: „Es würde mich stören, wenn mein Mann da sitzen würde.“

Das sieht nicht jeder so wie die Benindes. Die einen freuen sich über die „Ehemann-Sitzecken“, andere bemerken sie nicht einmal. So behauptet etwa eine Dame: „Solche Sitzecken sieht man in Krefeld sehr selten.“ Dabei ergeben die Recherchen: Das Gegenteil ist der Fall. Viele Mode-Geschäfte auf der Königstraße, Sinn Leffers und die Buchhandlung Thalia, bieten ihren Kunden eine Möglichkeit zum Entspannen an. Im ersten Stock von Intersport Borgmann wird es auf die Spitze getrieben: Fernseher mit Fußballübertragung, Kaffeevollautomat, Zeitschriften, Sessel, Tablet-PCs mit Internetzugang, Teppichboden und große Fensterfront.

Seit eineinhalb Jahren gibt es dort diesen Lichtblick für Shopping-Opfer. „Er wird vorwiegend von den Herren der Schöpfung genutzt. Ganz selten sitzen da mal Frauen“, berichtet Verkäuferin Anne Haerdle. Das Klischee des shoppingfaulen Mannes trifft ihrer Erfahrung nach nicht immer zu, aber häufig. „Die Rollen sind immer gleich verteilt: Ich schaue zu, meine Frau sucht aus“, berichtet etwa Oliver Oppor, der mit seiner Familie einen Einkaufsbummel macht. „Wenn ich aber Kleidung für mich kaufe, kommt meine Frau mit — ist normal, oder?“

Aloys Bushuven dagegen hat seiner Tochter Eva-Marie Braun sogar einen Gutschein zum gemeinsamen Shoppen geschenkt. „Allerdings geht es um eine Ski-Brille, die muss man vorher anprobieren und kann sie nicht einfach verschenken“, erklärt Bushuven. „Er war sehr aktiv“, lobt ihn seine Tochter. Beim Einkauf mit seiner Frau sei Bushuven aber eher der passive Part. Vater und Tochter sind sich einig: Eine gut ausgebaute Chillecke sei ein großer Pluspunkt für das Geschäft.

Das wissen natürlich auch die Geschäftsleute in der Modebranche. Thomas Lache, Inhaber von Tommy Hilfiger, Marco Polo und Rigby and Peller erklärt die Intentionen des Einzelhandels: „Für uns geht es ganz klar darum, die Verweildauer zu erhöhen und eine persönliche Beziehung aufzubauen. Das unterscheidet uns schließlich vom Internet.“ Der Kunde sei König und wolle auch entsprechend umsorgt werden. Deshalb gilt besonders für gehobene Boutiquen: Wo ein Sessel ist, ist meist auch eine Kaffeemaschine nicht weit und mit etwas Glück sogar eine Flasche Sekt kalt gestellt.

„Wir kümmern uns um Männlein und Weiblein gleichermaßen“, verspricht etwa Susanne Mohr, Verkäuferin in der Damenboutique „Julia“. Und ein Gläschen Sekt spendiert das Geschäft gern, wenn dafür die Jacke für 300 Euro mit nach Hause geht.