WZ-Mobil am Europaring: „Krefeld betreibt Raubbau an Bäumen“
Am Rande des mächtig gelichteten Grüngürtels am Europaring trafen sich Gegner und Befürworter der Fällung.
Krefeld. Etliche Stämme liegen zum Abtransport und zur Weiterverarbeitung als Brennstoff (Holz-Pellets) bereit. Es bläst ein steifer Ostwind, als das WZ-Mobil auf den Parkplatz von Gut Heyenbaum rollt. Als erste treffen Matthias Pasch, Abteilungsleiter im Fachbereich Grünflächen, und Baumpfleger Franz Filtmann, Herr über 27 000 Krefelder Straßenbäume, ein. Die beiden müssen sich einiges anhören, als die Bürger eintrudeln, um sich über die Fällung der 110 Silberweiden zu beschweren. Sie weisen wiederholt darauf hin, dass jeder der unmittelbaren Nachbarn der Wiese eine Woche vor der Fällung per Postwurf informiert worden sei: „Aber wir haben nicht einen Anruf bekommen.“
Direkt aus ihrem Atelier an der Hohenzollernstraße ist die Künstlerin Claudia Schmidt angerauscht. „In Krefeld ist jemand am Werk, der zu ängstlich ist. Der sollte den Job an jemand abgeben, der die Hosen nicht so voll hat“, schimpft sie und betont, im Auftrag von Freunden zu sprechen, die auf dem Kamphof wohnen und die nun ihren Sicht- und Lärmschutz zum Europaring verloren haben. Grundsätzlich würden in Krefeld zu viele Bäume gefällt, „selbst welche, die nur kleine Schäden haben“. Den Vertretern des Grünflächenamtes rät sie, nicht immer Autos die Priorität einzuräumen. „Da muss wohl der Gesetzgeber was ändern“.
Ursula Clemens wohnt in Sichtweite und ist enttäuscht, dass die Anwohner nicht ausreichend informiert wurden: „Das war eine Nacht-und-Nebel-Aktion. Das haben die so gemacht, um Diskussionen zu vermeiden.“
Dieser Meinung ist auch Klaus Hüllenhagen: „Der Bürger wird immer mehr entmündigt.“ Vor allem aber ärgert er sich über die Begründung für die Fällungen: „Die behaupten einfach, die Standfestigkeit wäre gefährdet. Und selbst wenn die Bäume teilweise marode gewesen sind, hätte man einfach die kranken Äste absägen können.“ Außerdem bedauert er die Fällungen aus optischen Gründen. „Abschneiden kann man Bäume schnell, aber wie lange dauert das Nachwachsen?“
Auch Margrit Hammerschmidt vermisst die Weiden, findet den Umgang der Stadt mit Bäumen generell problematisch: „Krefeld betreibt Raubbau an den Bäumen.“ Die Begründung für die Fällungen findet sie unglaubwürdig: „Die sagen wegen der Verkehrssicherheit. Aber es waren doch nicht alle 110 Bäume krank. Und selbst wenn, dann hätte man sich früher kümmern müssen. Baumpflege ist hier auch ein Fremdwort.“
Cetin Taskaya geht mit der Stadt nicht ganz so hart ins Gericht. Er ist Anwohner und findet es deshalb „aus optischen Gründen“ schade, dass die Bäume weg sind. Aber: „Die Verkehrssicherheit geht vor.“
Eine Verbreiterung des Baum- und Strauchgürtels regt der zweite Sprecher der Bürgeraktion Baumschutz, Bernd-Dieter Kraft, an. „Die Stadt sollte mit dem Eigentümer sprechen.“ Die Bürgeraktion hatte sich Tage vor dem Pressetermin am Europaring beim Fachbereich Grünflächen informiert.
„Nächstes Jahr ist alles Papperlapapp“, ahnt Bruno Ingenfeld aus Verberg, Pächter der Weide, an deren Rand die Silberweiden standen. „Denn dann haben die Weiden wieder ausgetrieben, konnten sich die nun freistehenden Gehölze weiter entwickeln. Was war das vor zehn Jahren ein Gezeter mit der Euroga in Krefeld. Und heute? Alles ist gut.“ Er selbst habe unter den Bäumen und herausgebrochenen dicken Ästen stets gelitten: „Selbst im Sommer lag die Weide den halben Tag im Schatten. Ich habe das Heu öfter nicht trocken bekommen.“ Ingenfeld ist auf den Verkauf des Heus angewiesen.
Während SPD-Ortsvereinsvorsitzender Wolfgang Merkel das Fehlen der Bezirksabgeordneten der Grünen moniert („die haben mit der CDU doch die Mittel für Nachpflanzungen gekürzt“) hat Bürgervereinsvorsitzender Manfred Steinbaum die beiden Stadtvertreter zur nächsten Versammlung eingeladen. Dass die von höheren Bäumen unterbrochene Hecke an den Fällstellen deutlich höher als „zwei Meter“ ausfallen wird, beruhigt ihn sehr. Die Anregung, dass der Bürgerverein sich an Nachpflanzungen durchaus beteiligen kann, nimmt er gerne mit.