Zahl der Kirchenaustritte in Krefeld erneut gestiegen
Viele Mitglieder halten das neue Einzugsverfahren für eine erweiterte Kirchensteuer und wenden ihren Gemeinden den Rücken zu.
Krefeld. Die Austrittswelle aus den beiden großen christlichen Kirchen wird 2014 voraussichtlich noch einmal deutlich an Fahrt aufnehmen. Grund: eine Umstellung bei der Kirchensteuer.
Mussten Kirchenmitglieder bislang Zinsen und Dividenden, die sie erhalten haben, bei der Einkommenssteuer-Erklärung selbst angeben, führen die Banken nun die Kirchensteuer auf Kapitalerträge direkt an das Finanzamt ab. Die Abgabe, die ohnehin erst bei Vermögen greift, die mindestens 800 Euro Zinsen im Jahr abwerfen, erhöht sich dadurch nicht. Wohl dürften aber mehr Vermögen davon betroffen sein, da nicht alle Anleger ihre Kirchensteuer auf die Guthaben auch wirklich abgeführt haben. Die Kirchen dürften sich also zunächst über mehr Einnahmen freuen. Bei vielen Mitgliedern ist aber der Eindruck entstanden, das eine erweiterte Kirchensteuer erhoben würde.
Mit 96 384 katholischen (Stand: 2013) und 45 993 evangelischen Mitgliedern (Stand: 22. August 2014) stehen die beiden Kirchen in Krefeld noch gut da. Die Tendenz sieht allerdings negativ aus. Traten 2012 „nur“ 348 Menschen aus der katholischen Kirche aus, waren es 2013 bereits 605. 978 katholische Gemeindemitglieder verstarben, 671 Menschen ließen sich taufen. Zehn evangelische Menschen traten der katholischen Kirche bei. Vorläufige Zahlen für das Jahr 2014 hat das Bistum Aachen, zudem die katholische Kirche in Krefeld gehört, noch nicht ermittelt.
Ursächlich für das Ansteigen der Austrittszahlen im vergangen Jahr dürfte das Verhalten des ehemaligen limburgischen Bischofs Franz-Peter Tebartz-van Elst sein. „Wahrscheinlich werden es in diesem Jahr aber wegen des neuen Kirchensteuerverfahrens sogar etwas mehr werden“, sagt Lothar Zimmermann, Vorsitzender des Katholikenrates Krefeld-Meerbusch. Die Austritte sieht er als Herausforderung an die Kirche, wieder näher an die Menschen heranzurücken. „Meiner Meinung sind die Austritte oft nur ein letzter Schritt, nachdem die Menschen sich bereits von den Kirchengemeinden entfernt haben.“
Ähnlich sieht es bei den evangelischen Gemeinden in Krefeld aus. 2012 traten 259 Mitglieder aus und 96 kamen hinzu. Ein Jahr später traten bereits 322 Mitglieder aus, nur noch 62 Neu-Mitglieder suchten den Weg in die Kirche. Die vorläufigen Zahlen für dieses Jahr übertreffen die Tendenz der vergangenen Jahre deutlich. Bis zum 22. August gab es 29 Neu-Eintritte, denen 448 Austritte gegenüberstanden. „Die Menschen sind wegen der Briefe der Banken in Richtung Abgeltungs- und Kirchensteuer ausgestiegen“, ist sich Bettina Furchheim sicher. „Bezahlen mussten sie diese allerdings auch schon vorher.“
Die Pressesprecherin des evangelischen Kirchenkreises sieht aber auch noch ein anderes Problem: „Jede Krise in der katholischen Kirche trifft auch uns. Die Leute unterscheiden nicht, ob sie evangelisch oder katholisch sind.“
Besonders verwundert ist sie darüber, das die größte Gruppe der Austretenden in der Altersgruppe der 21- bis 40-Jährigen zu finden ist. „Das scheint mir ein unüberlegter Reflex zu sein“, sagt sie. Denn viele Mitglieder dieser Altersklasse würden den Freigrenze — 801 Euro für Ledige, 1602 Euro für Verheiratete — kaum erreichen, könnten aber gerade vom Service-Angebot wie etwa den Kindergärten profitieren.