Bevor die Wiesen von den Landwirten gemäht werden, müssen sie nach Rehkitzen und Junghasen durchsucht werden Rettungseinsatz: Mit Drohne auf Rehkitzsuche

Wülfrath · Der Frühling hat Einzug gehalten in die Wülfrather Landschaft. Das Frühjahr bedeutet aber auch, dass die Wildtiere ihre Jungen bekommen und Wald- und Wiesengebiete in dieser Zeit mit Vorsicht zu besuchen sind.

Was für das ungeschulte Auge als Rehkitz durchgehen könnte, ist in Wahrheit ein Schmalreh, das mithilfe der Drohne entdeckt wurde.

Foto: Andreas Reiter

. Besonders die Rehe legen ihren Nachwuchs gerne in hohem Gras ab und begeben sich im Anschluss ins sichere Dickicht. Für Landwirte birgt diese Methode jedoch Probleme, denn die Rehkitze können im Gras nur sehr schlecht gesehen werden. Damit sie nicht vom Mähwerk übersehen und getötet werden, helfen alljährlich etliche Landwirte, Jäger und Helfer mit, die Tiere vor dem Abmähen der Flächen in Sicherheit zu bringen. Ein zeitaufwändiges Unterfangen, das jedoch minimiert werden kann.

Philipp Sonntag und Niklas Dominicus haben vor zwei Jahren in Wülfrath das Unternehmen 4DSurvey gegründet. Eigentlich sind die Unternehmer mit Drohnen im Einsatz, um aus der Luft Gebäude, Flächen und andere Bereiche zu vermessen. Doch auch die Rehkitzrettung lässt sich mit der Wärmebildkamera der hochwertigen Drohne einfach durchführen. „Bisher haben wir auf diesem Gebiet noch keine Erfahrung, wollen es aber gerne einmal ausprobieren“, sagt Philipp Sonntag. Bevor die Drohne jedoch abhebt, müssen erst die zu befliegenden Flächen ausgelotet werden.

„Der Hegering Wülfrath hat ein Jagdrevier von rund 500 Hektar. Zwar müssen nicht alle Flächen an einem Tag durchsucht werden und auch nicht in allen Bereichen lassen sich Rehkitze finden, aber die Bereiche sind auch so groß genug“, erklärt der ehemalige Hegeringleiter und passionierter Jäger Reinhard Weniger.

Was auf dem Bildschirm der Drohne aussieht wie schwarze Punkte, könnten Rehkitze sein. Wichtig bei der Überfliegung der Flächen ist die Temperatur. „Es darf draußen nicht mehr zu warm sein, sonst kann man die Tiere nicht von der Umgebung unterscheiden“, erklärt Niklas Dominicus, der gleich mehrmals Maulwurfhügel oder Gullideckel ins Visier nimmt. „Diese Flächen sind noch vom Sonnenlicht aufgewärmt und sehen auf dem Bildschirm erstmal nach lebenden Tieren aus“, erklärt er weiter.

Nach einiger Zeit wird die Wärmebildkamera der beiden Jungunternehmer fündig. Abseits von Gehwegen rastet ein Reh, das sich jedoch nicht als Rehkitz herausstellt. „Es handelt sich dabei um ein Schmalreh, das gemütlich im Gras sitzt und wiederkäut“, erklärt Reinhard Weniger, der auf einen späteren Zeitpunkt setzen möchte. „Meist werden die Kitze um den 15. Mai herum geboren, mal ein paar Tage früher oder später. Da es bisher aber recht kühl war, glaube ich einfach, dass die Jungtiere noch nicht auf der Welt sind.“

Die Suche nach den Kitzen wird jeweils vor dem Tag der Mäharbeiten ausgeführt. Damit die Tiere nicht in der Nacht zurück auf das Feld kehren, werden Fahnen und Licht- sowie Geräuschsensoren auf den Geländen verteilt. Dabei greifen die Landwirte zu einfachen Mitteln: „Wir haben alte Futterbeutel an Eisenstangen gehängt, die sich laufend im Wind bewegen. Für die Rehe ist es dann zu unruhig auf dem Feld und sie suchen sich ein anderes Versteck“, erklärt Jungjäger Jan-Justus Platzhoff. Die Licht- und Geräuschsensoren setzen zudem in unregelmäßigen Abständen Pieptöne und blaue Lichtsignale ab. Als letzte Abschreckung setzen die Helfer auf den Eigengeruch. „Wir laufen durch das Feld, damit dieses nach uns riecht. Die Rehe sind da ganz empfindlich und halten sich von diesen Bereichen fern“, weiß Reinhard Weniger weiter.

Ein Appell geht zudem raus an die Spaziergänger und Hundehalter. Denn während der Wald langsam zur Kinderstube avanciert, steigt die Rücksicht der Menschen nur langsam. „Durch die Corona-Zeit ist es nochmal schlimmer geworden. Viele Leute sind sogar eingeschnappt, wenn man sie anspricht und um Verständnis bittet. Immer wieder kommt es dazu, dass Hunde tragende Ricken jagen und die Tiere an Erschöpfung sterben“, ärgert sich Reinhard Weniger, dem es ein Anliegen ist, auch bereits die Kleinsten für das Thema zu sensibilisieren. Der Hegering Wülfrath veranstaltet einmal im Jahr eine Aktionswoche für Erstklässler, um den Wald als Lernort zu erkunden. Eine Waldolympiade folgt für die älteren Grundschüler im Herbst.

Für Philipp Sonntag und seinen Kollegen Niklas Dominicus war die Rehkitzrettung ein guter Einstieg in künftige Aktionen. „Wir haben gerne geholfen und haben gleichzeitig eine Menge gelernt. Gerne sind wir bereit, auch in Zukunft mit der Drohne zu unterstützen“, so die beiden Unternehmer abschließend.